Grüne: Kein Aufstand für das Klima

Für den Erhalt des Wilden Waldes und gegen die A26-Ost: Beim Bundeskongress Kreislaufwirtschaft der Grünen im Bürgerhaus empfingen die Wilhelmsburger Waldretter:innen und Extinction Rebellion (XR) die Delegierten mit Transparenten und einer Mahnwache

Fünf Tage nach den Verhandlungen der Ampelkoalition zum Klimaschutz fand im Bürgerhaus Wilhelmsburg der grüne „Bundeskongress Kreislaufwirtschaft“ statt. Bereits eine Stunde vor Beginn hatten sich vor den Eingängen gut 20 Aktivist:innen von XR, dem Bündnis Rettet Hamburgs Natur und den Waldretter:innen Wilhelmsburg versammelt und Plakate und Banner aufgehängt; später kamen noch Vertreter:innen vom Bündnis Verkehrswende und aus der Klimaschutzinitative Vollhöfner Wald hinzu. Die Besucher:innen der Veranstaltung wurden mit den Parolen „Wilder Wald bleibt! In der Klimakrise zählt jeder Baum“, „Aufstand für das Klima“ und „Stopp A26-Ost“ sowie einer Mahnwache gegen die A26-Ost empfangen.

Ob es an den enttäuschenden Ergebnissen der Ampel-Klimaverhandlungen, am Regenwetter oder am Desinteresse gegenüber dem Thema lag: Besonders zahlreich erschienen die grünen Bundesdeligierten zu ihrer Parteiveranstaltung nicht. Am Ende war der Saal nur gut zur Hälfte besetzt.

Gibt es für die Grünen eine rote Linie?

Ungeachtet des wichtigen Themas Kreislaufwirtschaft waren beim Kongress und bei der Gegenaktion die Verhandlungen der Ampelkoalition vom vergangenen Wochenende sehr präsent. In einzelnen Gesprächen mit ankommenden Kongressbesucher:innen äußerten XR-Aktive und Waldretter:innen ihre Enttäuschung darüber, dass die Grünen mit den dort geschlossenen Kompromissen beim Klimaschutz wieder einmal „eingeknickt“ seien, und sie stellten die Frage, wo denn für die Grünen die „rote Linie“ sei.

Empörung und Entsetzen über Koalitionsbeschlüsse

Besondere Empörung herrschte bei den Aktivist:innen über die neuen Vereinbarungen im Verkehrsbereich, die wieder ganz im Sinne des FDP-Ministers Volker Wissing ausgefallen sind: Die Aufhebung der sektoralen CO2-Einsparvorgaben, die es in Zukunft ermöglicht, die grenzwertüberschreitende Luftverpestung im Verkehrsbereich mit geringeren CO2-Emissionen im Bereich anderer Ministerien zu verrechnen. Und dass nach der im Koalitionsvertrag vereinbarten „kritischen Überprüfung“ von Autobahnprojekten deren Anzahl nun nicht reduziert, sondern, im Gegenteil, ihre Umsetzung noch beschleunigt werden soll. Was das für die A 26-Ost, die im Katalog der 140 wichtigsten Ausbauprojekte nicht auftaucht, bedeute, sei völlig unklar. Die Waldretter:innen entsetzten sich außerdem über die geplante Aussetzung der Ausgleichspflicht bei der Bebauung von Grünflächen mit Wohnungen.

Ratlose Delegierte

Die wenigen grünen Gesprächsteilnehmer:innen zeigten sich eher ratlos. Umweltsenator Jens Kerstan immerhin will sich nach einem Gespräch über den Wilden Wald Material zuschicken lassen. Und eine Delegation von XR und den Waldretter:innen erhielt im Laufe des Vormittags die Gelegenheit, mit Transparenten auf die Bühne zu kommen und ein kurzes Statement abzugeben. Der Vertreter von XR wies in seinem Redebeitrag darauf hin, dass das Thema des Kongresses, die Kreislaufwirtschaft, ja Teil einer Nachhaltigkeitspolitik sei. Und zur Nachhaltigkeitspolitik gehörten auch der Erhalt von Wäldern wie dem Wilden Wald in Wilhelmsburg und der Verzicht auf überflüssige Verkehrsprojekte wie die A 26-Ost. Kreislaufwirtschaft bedeute schließlich auch, dass man regionale Produkte bevorzuge, die keine langen Transportfahrten im LKW auf der Autobahn benötigten. Somit müsse im Sinne der Kreislaufwirtschaft auf den Bau von Autobahnen verzichtet werden. Von einigen Grünen im großen Saal des Bürgerhauses gab es pflichtschuldigen Applaus für das Statement gegen die A26-Ost. Doch „Ein Aufstand für das Klima“, wie auf einem Transparent gefordert, ist von den Grünen wohl nicht zu erwarten.

Die Einganstür des Bürgerhauses, oben ein Kongressplakat, darunter ein blaues Protest-Plakat zur A 26-Ost
Nachhaltigkeitspolitik: mit Kreislaufwirtschaft und ohne die A26-Ost. Foto: H. Kahle

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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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