Neues Forschungsprojekt zu tragfähigen Baustoffen aus Pilzen in den Zinnwerken gestartet

Grundlage der Forschung in Kooperation mit der HafenCity Universität ist der größte Teil der uns bekannten Pilze: das Myzel, die fadenförmigen Zellen der Pilze im Boden

Im Hintergrund ein Stubenschrank. Davor ein Tisch mit Schalen aus Myzelgeflecht und dazwischen kleine quadratische Teller mit angerichteten Champignons.
Leckere Champignons zwischen dem Exponaten. Im Vordergrund rechts ein vertrockneter Stängel des Japanischen Knöterichs.
Fotos: M. Groß

Es wäre nicht der Zinnwerke e. V., wenn dieses Forschungsprojekt nicht mit einer Veranstaltungsreihe begleitet würde. So luden die Macher*innen des 2025 entstehenden SiloLabors am 9. Januar 2025 zur Pilzstube #1 in das „Oberstübchen“ der Zinnwerke ein. Und natürlich gab es ein Pilzgericht mit passendem Pils von der Brauerei DE LÜTTE aus der Heide, also Pilz an Pils. Als Gruß aus der Küche standen auf dem Tisch zwischen den Demonstrationsobjekten Tellerchen mit gebratenen Champignons. In den folgenden Pilzstuben wird es immer wieder Einblicke in den Stand des Projekts geben, mit entsprechendem Pilzgericht.

Champignons sind jedoch nicht Gegenstand der Forschung, sondern holzbewohnende und holzzersetzende Baumpilze eignen sich besser. Aber woher kam die Idee? Jeder kennt sie, die vergessene Marmelade im Kühlschrank mit den Schimmelpilzen. Das passierte auch in den Kühlschränken der Zinnwerke. Die Zinnwerker*innen wurden neugierig: „Was sind überhaupt Pilze?“ – Sie stellten fest, es sind eigenständige Lebewesen zwischen Tieren und Pflanzen. Pilze stärken ihren Körper durch die Aufnahme organischer Substanzen. Sie verdauen sehr viel und zersetzen die Erde. Außerdem wachsen sie sehr schnell*(s.u.) und es gibt Forschungen zum Einsatz als Baustoffe. Aber für die Klassifizierung in Deutschland sind weitere Studien erforderlich.

Zinnwerke e. V. hatten mit ihrem Förderantrag bei #UpdateHamburg Erfolg

Zusammen mit der Hafen-City-Universität können dieses Jahr die Forschungen starten. Dafür stehen 200.000 Euro Fördergelder zur Verfügung. Von den Zinnwerken ist Martha Starke die treibende Kraft und von der HCU begleitet Maire Cordts die Aufgaben vor Ort. Sie kümmert sich um Material und Geldbeschaffung für die Fortsetzung sowie Kontakte zum Beispiel in die Schulen. Wie Martha Starke liegt es ihr am Herzen, Schüler*innen und junge Leute für Biologie und Architektur zu begeistern. Es werden Hochschulseminare, Schulprojektwochen, öffentliche Veranstaltungen und Workshops sowie die Summer School geplant.

An einer hellen Wand ein blaues Dia mit der Aufschrift: Zukunft wachsen lassen.
Ziel der Zinnwerker*innen: Forschung für alle und für die Zukunft. Foto: M. Groß

In ihrer Präsentation in der Pilzstube #1 zeigte Martha Starke, dass eigentlich nichts ohne Pilze existiert. 60 Prozent aller Impfstoffe enthalten Pilze, andere Pilze bauen Ölverschmutzungen und Schadstoffe ab. Nichts würde zersetzt, wenn es keine Pilze gäbe. Aber, was wurde noch nicht erforscht? Zum Beispiel, wie wird das Myzel wasserabweisend? Was braucht es, damit daraus tragende Baustoffe werden? Nichttragende Elemente, wie Wand- oder Akustikpaneele gibt es schon. Aktuell wird der Bestand der großen Halle durch den Eigentümer, die Sprinkenhof GmbH, geprüft (WIR 3.5.24). Möglicherweise können die besonders leichten Baustoffe aus Myzelgeflecht bei der Sanierung helfen.

Welches Substrat für welchen Pilz?

Zwei Baumpilze.mit weißer Unterseite an einem Baumstamm.
Der Lackporling. Foto: Wikipedia

Die Macher*innen der Zinnwerke haben auch bei den bisherigen Projekten (Biogasanlage) kreative Ideen für die Verwendung alter Steine und Baumaterialien bewiesen. Auch für das neue Pilzprojekt haben sie ein altes Futtersilo in Maschen entdeckt, das im Sommer Am Veringhof 7 aufgebaut wird. Dann geht das Forschen richtig los: welches Substrat für welchen Pilz? Buchenspäne und Getreidespelze scheinen sich zu eignen. Aber auch die vertrockneten Stängel des invasiven Japanischen Staudenknöterichs, die bei der Pilzstube #1 auf dem Tisch lagen, sind vielleicht brauchbar. Wie ist das richtige Mischungsverhältnis? Welche Temperaturen sind am günstigsten? Wann ist der richtige Zeitpunkt, den Prozess abzubrechen, bevor das Myzel fruchtet?

Das alles muss erforscht werden, um am Ende nachwachsende Baustoffe für den Bau von Häusern herstellen zu können, wenn die traditionellen Baustoffe, wie Sand, Kies usw., knapp werden.

*So erreicht das unterirdische Myzel einiger Pilzarten eine Ausdehnung von weit über einem Quadratkilometer. Das größte bisher gefundene Exemplar ist ein Dunkler Hallimasch (Armillaria ostoyae) mit einer Ausdehnung von über neun Quadratkilometern und einem geschätzten Gesamtgewicht von ca. 7.500 Tonnen. Dieser Organismus gilt heute als das größte Lebewesen der Erde. Sein vermutetes Alter beträgt mindestens 1.900 Jahre, vielleicht auch über 8.000 Jahre. Und er wächst noch weiter (www.pflanzenforschung.de).

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Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

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