Das Kickbox-Projekt der Hofa-Kinderkultur sprach sich unter den Jungen im Reiherstiegviertel schnell herum. 20 bis 30 kamen regelmäßig zu den Trainings und lernten Kickbox-Techniken und Fairness. Nach den Sommerferien sind nun die Mädchen dran mit dem Boxsport
Zuerst war nur Dencel da, an diesem Dienstagnachmittag auf dem Spielplatz in der Mokrystraße. Dann trudelten nach und nach immer mehr Jungs ein, am Ende waren es rund 50: Seit Anfang Mai bietet die Kinderkultur der Honigfabrik dort jeden Dienstagnachmittag ein Kickbox-Training für Jungen an.
Im April waren im Reiherstiegviertel immer wieder kleine Gruppen von Jungen aufgefallen, die Passant:innen angegangen und Frauen und Mädchen frauenfeindlich beleidigt hatten. Es waren auch Jungen dabei, die zu normalen Zeiten die Freizeitangebote in der Honigfabrik nutzen. Einige Anwohner:innen beschwerten sich bei Gianna Baumann von der Hofa-Kinderkultur und ihren Kolleg:innen. „Es ist sicher auch eine Folge des monatelangen Lockdowns,“ sagt Gianna Baumann. „Keine Schule, kein Sport, die Jugendeinrichtungen geschlossen – sie lassen ihren Frust auf der Straße aus.“
Das Projekt sprach sich schnell herum
Unter anderem durch den Kontakt zu zwei Kickbox-Trainer:innen kam das Hofa-Kinderkultur-Team auf die Idee, ein offenes Kickbox-Training im Viertel anzubieten. Die Idee fand bei den Wilhelmsburger Häusern der Jugend Resonanz. Sie stellten Ausrüstung zur Verfügung. Auf einer schnell einberufenen Zoomkonferenz wurde das Vorhaben konkret. Mit Sven Schmitz fand sich ein pädagogischer Betreuer für das Projekt. Es gab Finanzzusagen vom Stadtteilbeirat und vom Runden Tisch Wilhelmsburg. Und durch die Spende eines privaten Wilhelmsburger Sponsors – für Trainer-Honorar und die Ergänzung der Ausrüstung – konnte das Kickbox-Training sofort beginnen.
Geworben wurde nur per Mundpropaganda, aber das Projekt sprach sich schnell herum. Schon zum ersten Training auf dem Sportspielplatz in der Mokrystraße kamen 30 Jungs. Und sie staunten erstmal nicht schlecht, dass einer der beiden Profis eine Frau war. Nach dem Aufwärmen übten Mule Marei Eckhoff und Eike Schwarz mit den Kids die verschiedenen Box- und Tritttechniken und am Ende gab es eine Rederunde über Fairness: Dein Gegner ist auch immer dein Partner. Dies ist Sport. Und die eiserne Regel lautet: Wer diese Kampfkunst auf der Straße anwendet, fliegt raus aus dem Projekt.
„Es waren in den folgenden Wochen immer so zwischen 15 und 30 Jungen da, manchmal auch mehr“, sagt Gianna Baumann. „Einen Teil der Jungen kannten wir ja. Aber der Kontakt ist durch das Training noch enger geworden. Einige haben jetzt meine Handynummer.“ Bei den letzten Trainings kamen auch Erwachsene vorbei, die sich über die Jungs beschwert hatten. Sie konnten sehen, wie es auch gehen kann.
Neues Projekt: Kickboxen für Mädchen
Zu Beginn der Sommerferien endet das Kickbox-Projekt – erstmal. Aber es soll weitergehen. Hardy Amin vom Haus der Jugend Kirchdorf will in den Sommerferien immer sonntags ein Kickbox-Training anbieten. Außerdem sind zum letzten Training auf dem Spielplatz Wilhelmsburger Kickbox-Schulen eingeladen, die auch alle während des Lockdowns geschlossen bleiben mussten. Sie zeigen den Jungs weitere Möglichkeiten, diesen Sport auszuüben.
Und dann erzählt Gianna Baumann von den beiden Mädchen, die einmal auf dem Platz an der Seite standen und bei diesem Jungen-Projekt auch gern mitgemacht hätten. „Nach den Sommerferien will ich auf jeden Fall ein Kick-Box-Projekt für Mädchen machen“, sagt sie. Dafür werden dann noch Sponsoren gesucht.