Der Elbtower: Wird das Grundstück demnächst übergeben?

Bei Verkäufen von öffentlichem Eigentum gilt das beste Angebot. Wieso hat dann der Investor Signa Real Estate den Zuschlag für 122 Millionen Euro bekommen?

Das Modell der HafenCity im Kesselhaus. Links die Wasserfläche ist aus blauem Glas. Die Bauten sind in hellem Holz. Vorne in der Mitte ist das Modell des Elbtowers.
Der Elbtower als östlicher Abschluss der HafenCity. Modell im „InfoCenter im Kesselhaus“,
Am Sandtorkai 30, 20457 Hamburg.

„Es gab deutliche bessere Angebote, zum Beispiel 135 Millionen. Ursprünglich war der Quadratmeterpreis bei Signa am höchsten, deshalb bekam sie wohl den Zuschlag. Im Verfahren änderte sich das allerdings, denn aus den ursprünglichen 200 Metern Höhe wurden 245 Meter. Zuerst sollte das Grundstück nach 80 Jahren samt Bebauung an die Stadt zurück fallen. Das fiel später sang- und klanglos weg. Eigentlich hätte das Verfahren gestoppt werden und eine neue Ausschreibung erfolgen müssen,“ erläutert Peter Schönberger, Autor und früherer EU-Beamter auf einer Veranstaltung der Partei DIE LINKE am 23. November 2022 im Kaisersaal des Rathauses. Eine Beschwerde bei der Europäischen Union durch wachsame Mitbewerber bringe allerdings selten etwas. Beschwerden würden ganz selten weiter verfolgt, sondern meist abgewehrt.

Wollte sich der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz, heute Bundeskanzler, mit dem Elbtower ein Denkmal setzen?

Kurz bevor Olaf Scholz im März 2018 als Bundesminister der Finanzen nach Berlin ging, lobte er den Entwurf der „David Chipperfield Architects Berlin“ in den höchsten Tönen. Er würde das neue Wahrzeichen der Hansestadt neben der Elbphilharmonie und dem Michel. Bei den Kritikern des Elbtowers heißt das Bauwerk „Olaf-Scholz-Gedächtnisturm“.

Inzwischen wächst der Widerstand gegen diesen gigantischen Bau

WIR hatten schon im Juli berichtet, dass auch von Seiten der Bauleitung durchaus die Problematik des Baugrundes im Elbe-Urstromtal gesehen wird. Seitdem haben die Bewohner:innen südlich der Norderelbe erfahren, wie anfällig der Öffentliche Nahverkehr in den Süden mit der einzigen Schienenanbindung über die Elbe ist: Als ein LKW am 8. August 2022 die Brücke an der Station „Elbbrücken“ beschädigte, gab es wochenlang nur einen sehr eingeschränkten Ersatzverkehr und bis heute hält die S-Bahn in Richtung Hauptbahnhof nicht an dieser Station. Diese liegt aber genau neben der Baustelle für den Elbtower.
Und das hat auch die Deutsche Bundesbahn (DB) auf den Plan gerufen. Bereits 2021 hat die DB Widerspruch gegen die Baugenehmigung für den Elbtower eingelegt. Sie schreibt in ihrer Stellungnahme vom 18. August 2021: „Im aktuellen Entwurf der Teilbaugenehmigung vom 13. Juli 2021 … werden die Belange der Bahn, wie Standsicherheit der Bahnanlagen und Betriebssicherheit/Funktionsfähigkeit nicht hinreichend berücksichtigt. Eine Vielzahl unserer aufschiebenden Bedingungen bleibt unberücksichtigt …“.

Die Baustelle für den Elbtower. Links ein Bohrturm, dahinter rechts die Elbbrücken und ganz Rechts der linke Teil der S-Bahn-Station Elbbrücken. Vorne ein Bauleiter mit Helm und orangefarbener Schutzweste.
Die Gründung erfolgt mit Großbohrpfählen von etwa 75 Metern Länge. Fotos: M. Groß

Inzwischen gehen allerdings die Arbeiten an der Baugrube unbeirrt weiter. Dabei werden auch die Zweifel an der Seriosität des Immobilieninvestors René Benko mit seiner Signa-Gruppe immer größer. Laut „Spiegel“ wurde er bereits 2014 zu einem Jahr Haft auf Bewährung in einem Steuerverfahren verurteilt. Jetzt steht er in Österreich wieder wegen Verdachts auf Korruption vor Gericht.

WIR finden eine Grundstücksübergabe an die Signa jedenfalls mutig – oder unverantwortlich?

Trotz allem heißt es im Abendblatt vom 30. November 2022 „Stadt plant endgültige Grundstücksübergabe an Investor Signa“. Die geforderten Nachweise der Finanzierung für das Fremd- und Eigenkapital sowie den Vermietungsnachweis von 30 Prozent für die insgesamt 77.000 Quadratmeter Bürofläche hat die Signa bei der HafenCity Hamburg GmbH Ende September eingereicht. Die zweite Kaufsumme von 87 Millionen Euro soll bis zum 23. Dezember 2022 bezahlt werden.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

Alle Beiträge ansehen von Marianne Groß →