Der Stein des Anstoßes wird bewegt

Das umstrittene Kriegerdenkmal an der Emmauskirche ist seit mehr als drei Jahren von einer Sperrholzverkleidung, der „Kiste“ umhüllt. Eine DENKmal-Gruppe arbeitet seitdem an der Realisierung eines kommentierenden Gegendenkmals. Ende dieses Jahres soll die Entscheidung fallen

Ende 2017 wurde das vorher eher verborgene Kriegerdenkmal an der Emmauskirche im Zuge von Baumaßnahmen wieder gut sichtbar an seinen ursprünglichen Platz an der Mannesallee gestellt. Es erregte Anstoß und wurde mit einem antifaschistischen Graffito besprüht. Seither ist es von der „Kiste“ umschlossen. Zur „Woche des Gedenkens“ in diesem Monat wurde jetzt ein neues Banner auf der „Kiste“ angebracht mit der Aufschrift: „Der Stein des Anstoßes wird bewegt.“ Neben einem Foto des beschmierten Denkmals stehen drei Fragen: „Warum wurde es beschmiert?“, „Welche Geschichte verbirgt sich dahinter?“ und „Und was geschieht damit in Zukunft?“ Im Auftrag des Kirchengemeinderates arbeitet eine DENKmal-Gruppe aus Vertreter:innen der Gemeinde, der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen und interessierten Wilhelmsburger:innen seit 2018 an einem Vorschlag für ein kommentierendes Gegendenkmal. Die Überlegungen dazu und die Ergebnisse der Forschung zur Geschichte des Denkmals wurden in einer Broschüre, auf Flyern und bei Veranstaltungen und Aktionen öffentlich gemacht und diskutiert (der WIR berichtete).

Trotz Pandemie ist der Denkmalprozess vorangekommen

Das wiederaufgestellte Kriegerdenkmal vor der Emmaus-Kirche ist derzeit in einer Kiste verschwunden. Die Kiste erhielt nun ein neues Banner.
Foto: Hermann Kahle

Die Pandemie hat diesen DENKmal-Prozess im letzten Jahr erstmal verzögert. Öffentliche Veranstaltungen mussten ausfallen und Gruppentreffen konnten nur noch virtuell stattfinden. Inzwischen ist die DENKmal-Gruppe trotzdem ein gutes Stück vorangekommen. Die Finanzierung des Projekts durch die Kulturbehörde, das Bezirksamt-Mitte und die Liebeltstiftung ist gesichert. Als aktuellen Beitrag zur „Woche des Gedenkens Hamburg Mitte“ (siehe Bericht: „Mitten unter uns“) hat die Gruppe einen kleinen Film gedreht, in dem sie über die Geschichte des Denkmals und das geplante Gegendenkmal berichtet und das neue Banner auf der Kiste „Der Stein des Anstoßes wird bewegt“ vorstellt. Auf dem Banner wird auch die Denkmal-“UMWANDLUNG“ noch in diesem Jahr angekündigt. Wenn alles klappt, soll eine Jury aus Kunstsachverständigen und Vertreter:innen aus dem Stadtteil darüber entscheiden, welche Idee umgesetzt wird. Der Anspruch an das kommentierende Gegendenkmal ist nicht gering. Es soll nicht nur die militaristische Botschaft des alten Kriegerdenkmals kritisch kommentieren, sondern auch berücksichtigen, dass die meisten Menschen nicht mehr viel über die deutsche Geschichte wissen. Und es soll auch der Tatsache Rechnung tragen, dass gerade in Wilhelmsburg Menschen aus vielen Ländern leben, die zum Teil ganz aktuelle Erfahrungen mit Krieg und Verfolgung haben.

Der Film „DENK MAL! DAS UMSTRITTENE KRIEGERDENKMAL IN WILHELMSBURG“ ist am 6. Mai um 11 Uhr auf www.gedenken-hamburg-mitte.de im Programm der „Woche des Gedenkens“ zu sehen.

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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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