Sie mag ganz alte Wälder

Die Blume des Jahres wird seit 1981 von der Loki Schmidt Stiftung gekürt. Im Jahre 2022 ist es die Vierblättrige Einbeere (Paris quadrifolia)

„Als Loki Schmidt Stiftung haben wir die Einbeere zur Blume des Jahres 2022 gewählt, um zum dringenden Schutz der alten, naturnahen und wilden Wälder aufzurufen, die der Einbeere und anderen Pflanzen und Tieren langfristig einen Lebensraum geben und die für die Ausbreitung notwendige Zeit“, begründet Axel Jahn, Geschäftsführer der Loki Schmidt Stiftung, die Wahl.

zwei Stängel der vierblättriten Einbeere in grün mit dunkelblauen Samenkapseln.
Einbeere mit Beeren – Foto: Udo Steinhäuser

Nur wer genau hinschaut, erkennt ihre Schönheit, die ungewöhnliche Wuchsform: Auf den bis zu 40 Zentimeter hohen Stängeln die zumeist vier unscheinbaren grünen Blütenblätter, aber auffallend gelbe Staubfäden mit Pollen. Aus den dunkel gefärbten Fruchtknoten entwickelt sich eine schwarze oder dunkelblaue Beere mit den Samen. Die Samen werden durch Vögel und Ameisen verbreitet.

Aber die Einbeere vermehrt sich nicht nur durch Samen, sondern hauptsächlich durch kriechende Sprossen (Rhizome) unter der Bodenoberfläche. Dabei lebt sie, wie 90 Prozent aller Pflanzenarten, in Symbiose mit Pilzen. Die Stengel ziehen später wieder ein, so dass die Pflanze im Herbst nicht mehr zu finden ist. Die gesamte Pflanze und besonders die Beere und das Rhizom sind giftig für Menschen. Heute wird die Einbeere nur in der Homöopathie in sehr geringen Konzentrationen zur Behandlung von Kopf- und Gesichtsschmerzen, Augenreizungen durch grippale Infekte und bei grünem Star eingesetzt. Früher wurden ihr Zauberkräfte gegen die Pest zugesprochen.

Die Einbeere gehört zu den Frühlingsblühern und nutzt das Licht, bevor das Laub der Bäume den Waldboden verschattet. Aber ihr Lebensraum, 200 bis 300 Jahre alte Wälder, geht immer weiter zurück.

Wilde Wälder müssen geschützt werden

„Wilde Wälder ohne forstwirtschaftliche Nutzung gibt es nur auf drei Prozent unserer Waldfläche. Diese müssen dringend geschützt werden. Sie filtern unsere Luft, wandeln Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff um und sie speichern und reinigen Wasser. In ihren Böden und in ihrer Biomasse binden Wälder Kohlenstoff und wirken so dem Klimawandel entgegen“, ist in der Broschüre der Loki Schmidt Stiftung zu lesen.

In Wilhelmsburg haben wir einen wilden Wald am Ernst-August-Kanal. Er ist zwar erst 60 Jahre alt, aber wenn er weiter in Ruhe gelassen wird, könnte er in der Zukunft auch Heimat für die Vierblättrige Einbeere werden.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

Alle Beiträge ansehen von Marianne Groß →