Noch ein paar Tage: Kunst statt Werbung

Leuchtende blaue Augen blicken auf die viel befahrene Hafenrandstraße. Doch bald „ziert“ wieder Werbung das große Wandgemälde an der Giebelfront des vom Abriss bedrohten Hauses Fährstraße 115

Das Gebäude mit Wandbild, umgeben von Bschen und davor eine Straßenlaterne.
Nur kurze Zeit ohne Werbung.
Fotos: M. Groß

Noch ist es möglich, das 17 Meter hohe und 10 Meter breite Kunstwerk auf dem Wohnhaus Ecke Fährstraße 115/Hafenrandstraße zu genießen. Und das für kurze Zeit in besonderem Maße, weil die Künstler*innen Hanna Lena Hase und Kai Teschner das Wandgemälde, das sie vor 10 Jahren erstellt haben (HA 5.6.14), am 23. Mai mit Augen vervollständigten. Normalerweise werden auf zwei großen Plakatflächen die Augen der dargestellten Person durch wechselnde Werbeplakate ersetzt. In zirka zwei Wochen wird auf den beiden Flächen auch wieder kommerzielle Werbung zu sehen sein.

Diese Flächen hat der Verein Public Spaces e.V. für kurze Zeit gebucht und die Künstler*innen gebeten, sie nach Belieben zu gestalten. Der Verein, der auch hinter dem Volksbegehren Hamburg Werbefrei steckt, möchte mit der Aktion Fragen über Kunst, Kommerz und öffentlichen Raum aufwerfen.

Als Ergebnis dieser Kunstaktion schauen die Augen unter den buschigen Augenbrauen nun für eine Weile die Wilhelmsburger*innen an. Die Künstler*innen haben vorher auch die verschmierte Wand übergestrichen und bitten, die Wand nicht wieder zu verunstalten.

Seit 2007 befindet sich in dem Haus das solidarische Wohnprojekt „Fährstraße 115“. Dieses ist durch Abrisspläne der Stadt wegen angeblich alternativlosem Hochwasserschutz akut bedroht (WIR 17.1.24).

Über die Künstler*innen

Kai Teschner hat seine ersten Wandbilder in Hamburg an den besetzten Häusern der Hafenstraße gemalt, darunter das bekannte Bild „Wir lassen uns nicht vertreiben!“ von 1989. Er war auch an Projekten wie dem Wandbild an der Roten Flora beteiligt, das unter dem Titel „Kunst statt Kommerz“ entstand und gegen das geplante Musicaltheater und Randbebauung des Parks protestierte. Zusätzlich übermalte er früher Werbetafeln so, dass sie sich mit dem Hintergrund verbanden und kaum noch sichtbar waren, wie beispielsweise in der damaligen Schanzenstraße. Weitere Informationen und persönliche Texte von Kai Teschner sind auf seiner Webseite zu finden.

Hanna Lena Hase hat an der HAW Hamburg Illustration studiert und ist seit 2010 als freischaffende Künstlerin tätig. Im Reiherstiegviertel sind viele Wandgemälde von ihr zu sehen. 2016 schrieb sie über ihre Kunst: „Meine Arbeit ist meist geprägt vom Spiel mit den Gegensätzen, Kunst und Natur, Realistisches und Märchenhaftes , Grafisches und Kitsch treffen aufeinander, verbinden sich oder lassen eine Spannung entstehen (was dem Betrachter viel Raum zu Interpretationen lässt). Auch die Malweise ist von Gegensätzen geprägt. Teils dick und pasteus, teils transparent und zart. Manchmal düster, aber oft durch eine starke Farbigkeit dominiert. Im Mittelpunkt steht stets der von seiner Natur entfremdete Mensch auf der Suche nach seiner Rolle und seiner wahren Identität. Er begibt sich in tierische Positionen, löst sich in Musterwelten auf und versteckt sich hinter Masken und verliert sich in Träumen.“

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Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

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