Das Erzbistum Hamburg schließt das Krankenhaus Groß-Sand. Für die Gesundheitsversorgung in Wilhelmsburg ist das eine Katastrophe

Fotos: H. Kahle
Die Ankündigung, dass das Wilhelmsburger Krankenhaus Groß-Sand geschlossen wird, sorgte für Schlagzeilen in allen Hamburger Medien. Mit blumigen Formulierungen von einer „neuen Phase“ des Krankenhauses, bei der „die Menschen – die Beschäftigten, die Patientinnen und Patienten – im Mittelpunkt stehen“, kündigte die Abteilung Kommunikation des Erzbistums in einer Pressemitteilung die Schließung unter anderem der Chirurgie und der zentralen Notaufnahme zum 15. Juli 2025 an sowie die Verlegung der Geriatrie und der Neurologie an das Marienkrankenhaus für 2026. Gleichzeitig wurden den Beschäftigten wegen „veränderten Personalbedarfs“ in einem Schreiben Kündigungen in Aussicht gestellt.
In einem anonymisierten Interview im Hamburger Abendblatt bringt ein Arzt aus dem Krankenhaus die Konsequenzen der Schließung der Notaufnahme drastisch auf den Punkt: „Da werden Menschen sterben, die nicht sterben müssten“, wegen der längeren Wege der Rettungswagen zu anderen Hamburger Krankenhäusern, die ihrerseits jetzt schon überlastet seien und die angelieferten Fälle kaum schaffen könnten.
Laut Pressemitteilung wird gemäß einer Vereinbarung mit der Hamburger Sozialbehörde die Stadt Hamburg das Gelände und die Gebäude vom Erzbistum kaufen. Die Stadt werde dort „perspektivisch“ nach entsprechender Planungs- und Ausschreibungsphase eine „Stadtteilklinik“ eröffnen.

Ein Krankenhaus in Wilhelmsburg ist unverzichtbar
Im Folgenden veröffentlichen wir einen Leserbrief von Hartmut Sauer vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg e. V. zur Schließung von Groß Sand:
Für Wilhelmsburg ist die Entscheidung des Erzbistums, das Krankenhaus Groß- Sand zu schließen, eine Katastrophe. Durch die vielen Neubaugebiete ist Wilhelmsburg auf dem Weg zur innerstädtischen Großstadt. Durch die Insellage, den Hafen und die vielen Industriereviere ist Wilhelmsburg deutlich von anderen Stadtteilen abgegrenzt. Deshalb ist ein Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung unverzichtbar. Mit immer größerer Sorge haben wir in Wilhelmsburg den Niedergang des Krankenhauses in den letzten 20 Jahren verfolgt. Es war für alle Beteiligten im Stadtteil bitter, miterleben zu müssen, dass das Bistum und die Krankenhausleitung in der Vergangenheit weder ausreichend ins Krankenhaus investiert haben noch notwendige strategische Entscheidungen getroffen haben. Dass die Bistumsvertreter nach dem Desaster um die Schulschließungen offensichtlich nichts gelernt haben und im vergangenen Jahr nun auch die Verhandlungen um den Verkauf der katholischen Krankenhäuser gegen die Wand gefahren haben, macht uns hier im Stadtteil fassungslos.
Bei den Überlegungen zur Zukunft der gesundheitlichen Versorgung in Wilhelmsburg sollte das Bistum nicht mehr einbezogen werden. Sowohl der Verwaltungsdirektor des Erzbistum als auch der Chef der Ansgar- Gruppe haben in den vergangenen Jahren ihre Unfähigkeit zur Steuerung des Krankenhauses, zur Verhandlungsführung und auch zu einem respektvollen Umgang mit den Mitarbeitenden des Krankenhauses nachgewiesen. Wenn es zu einem Neustart in Wilhelmsburg kommen soll, dann muss dies fähigeren Menschen und Institutionen übergeben werden.
Ein ausführlicher Bericht über die Schließung von Groß Sand und ihre Vorgeschichte erscheint in der WIR-Juniausgabe am 18.6.2025.
Und dann noch all die geplanten Neubaugebiete in Wilhelmsburg. Da würden noch mal 20.000 Menschen dazukommen.
Das Krankenhaus Großsand muss bleiben!
Unter dem Titel „Groß-Sand Perspektive“ findet am Dienstag, den 24. Juni 2025, um 18.30 Uhr eine Veranstaltung der SPD statt. Und zwar im AWO Seniorentreff, Rotenhäuser Wettern 5 (am Nordrand des Rotenhäuser Feldes), im Reiherstiegviertel. Die aktuell zuständige Sozial-Senatorin Melanie Schlotzhauer soll anwesend sein.
Flattert den Genossen inzwischen das Hemd, angesichts des Unverständnisses und Zorns, der auf unserer Insel bezüglich der Senatspläne zum Krankenhaus herrscht? Dazu hätten sie allen Grund. Denn neben dem Bistum tragen auch SPD-Senate mit dafür Verantwortung, dass es zu dieser inakzeptablen Situation gekommen ist.
Vor vielen Jahren wurde bei ähnlichen Vorkommnissen der Begriff der „Kolonialbehörden“ geprägt. Damit sind diejenigen gemeint, die aus der Ferne, ohne die Verhältnisse auf unserer Insel auch nur zu kennen, ungeeignete bzw. schädliche Entscheidungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg treffen. Glauben die Damen und Herren, dass wir uns mit ihrem unausgegorenen medizinischen Notpflaster abspeisen lassen?
Der nächste Dienstag scheint eine prima Gelegenheit zu sein, unseren Unmut über die Pläne des Senates noch einmal sichtbar zum Ausdruck zu bringen. In den „Saal“ der AWO passen vielleicht 60-80 Personen hinein. Die sollten wir locker übertreffen können.
Bis Dienstag also.
Herzliche Grüße von
Dirk
Wann wollte nochmal die Sozialsenatorin zum Thema kommen? Wir sollten uns gemeinsam stark machen. Für eine bessere medizinische Versorgung auf Wilhelmsburg.
Schließung des Krankenhauses geht gar nicht.
Auf einer Insel mit 35 km2 und demnächst rund 60.000 Menschen ist ein Krankenhaus mit NOTAUFNAHME unverzichtbar, sowohl für die Bewohner:innen als auch für die Menschen, die auf die anderen, schon jetzt überfüllten Notaufnahmen und Häuser in Altona, Eimbüttel oder Harburg angewiesen sind.
Vor allem die beschwerdemächtige IBA mitsamt den zukünftigen Neu-Wilhelmsburger:innen sollten mit den „Altinsulaner:innen“ auf die Barrikaden gehen.
Kann die Stadt Hamburg nicht einspringen, auch um das engagierte Krankenhaus-Team zu halten? Die heutige Koalition aus SPD-Grüne ist ja nicht verantwortlich für die frühere Fehlentwicklung durch die Privatisierung der Städtischen Krankenhäuser. Sie könnte jetzt zeigen, dass sie in Wilhelmsburg eine dramatische Situation verhindert, oder? Natürlich sind an allererster Stelle die Vertreter der Kath. Kirche gefragt, ob sie in der Hölle schmoren wollen, oder ob es nicht „Himmel noch mal“ gute Gründe gibt, das gesamte Krankenhaus (nicht nur 90%) an verantwortliche Krankhausbetreibende zu veräußern.
Hanne Hollstegge