Es ist unbestritten: Der Hamburger Süden braucht dringend eine zweite Schienenanbindung

Am schnellsten und kostengünstigsten zu bauen wäre eine Straßenbahn

Oben die geriffelte Decke im Bürgerhaus. An der Hinterwand das Bild von der Eisenbahnbrücke über die Norderelbe. Daran prangt der Schriftzug T13 in Gelb. Weiter in gelb steht darauf: "Was gestern schon gut war, ist heute noch besser. Tram T13 via Elbbrücken".
Jens Ode, Straßenahnexperte, und Heike Sudmann, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft, erklären die Vorteile einer Straßenbahn. Foto: M. Groß

Die S3 und die S31 sind zwar für die Wilhelmsburger:innen eine gute Verbindung, wenn sie tagsüber im 5-Minuten-Takt fahren. Aber die Verbindung ist auch besonders störanfällig. Sei es durch Personen auf den Gleisen, Reparaturen oder einen LKW-Fahrer, der sein brennendes Fahrzeug unter einer S-Bahnbrücke zum Halten bringt. Auch eine S32, die zwar die Taktung erhöht, aber auf denselben Schienen fährt, macht es nicht besser. Dazu kommen oft ausfallende Fahrstühle und Rolltreppen und die nicht barrierefreien Bahnhöfe Wilhelmsburg-Nord und Veddel-Nord. Bei nur zwei Haltestellen auf der großen Elbinsel sind die meisten Bewohner:innen außerdem auf einen Zubringerbus angewiesen.

Die U4 soll Verbesserungen bringen, aber bisher ist sie nur bis auf den neuen Stadtteil Grasbrook geplant. Die Weiterführung nach Wilhelmsburg-Nord steht in den Sternen. Aber der Klimawandel wartet nicht und ein Umstieg vom PKW auf den Öffentlichen Nahverkehr ist ein Muss. Dafür braucht es aber gute Angebote.

Was ist die Lösung? – Ein Verkehrsmittel, das optimale Verhältnisse für die Fahrgäste bietet

Hamburg hatte mit 230 Kilometern Länge einmal eines der größten Straßenbahnnetze in Deutschland. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts konnten sich immer mehr Menschen Autos leisten und das Ziel wurde die autogerechte Stadt. Die Straßenbahnen störten. 1958 beschloss der Senat, den Straßenbahnbetrieb schrittweise einzustellen und das U-Bahn-Netz zu erweitern. Bereits 1959 wurde die Linie 13 von St. Pauli über die Veddel und Wilhelmsburg bis nach Harburg eingestellt. Zuletzt fuhr noch die Linie 14 bis zur Mengestraße. Um die Jahrhundertwende gab es dann wieder Pläne für zwei neue Straßenbahnlinien. Die Sieger der Bürgerschaftswahlen 2001, die Schill-Partei und die CDU, stoppten die Planungen. Später war auch der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) entschiedener Gegner der Renaissance der Straßenbahn.

Dort, wo ein Auto fahren kann, kann auch eine Straßenbahn fahren

Bild einer modernen Straßenbahn.
Abb. auf einem Flyer der Partei DIE LINKE.

Nun kommen neue Vorschläge von der LINKEN. „In Hamburg fehlt ein Generalverkehrsplan wie ihn zum Beispiel München hat“, beklagte in einer Veranstaltung am 11. April 2023 im Bürgerhaus Dieter Doege, von der Initiative „Pro Stadtbahn”. Er stellte zusammen mit Jens Ode, Straßenbahnexperte, die Möglichkeit einer Straßenbahn von der U-Bahn-Station Mundsburg bis nach Kirchdorf-Süd vor. Die frühere Straßenbahntrasse ist noch weitestgehend frei. Allerdings soll die Linie nicht über den Hauptbahnhof führen, sondern in Hammerbrook nach Norden über Berliner Tor zur Mundsburg abbiegen. Auf dieser Strecke verbindet die Straßenbahn – Projektname T13 nach der bestehenden Buslinie 13 (auch die „Wilde 13″ genannt) und der früheren Straßenbahnlinie 13 – vier Schnellbahnlinien (S3, S31, S1, S21), ohne über den Hauptbahnhof zu fahren. Die 36 Haltestellen liegen durchschnittlich nur 427 Meter auseinander. Das heißt, es sind jeweils nur wenige Minuten Fußweg bis zur nächsten Haltestelle.

Eine Straßenbahn hat viele Vorteile

Weitere Vorteile sind die Barrierefreiheit und die ebenerdigen Einstiege. Außerdem ist die T13 schneller als ein Bus. Obwohl die Durchschnittsgeschwindigkeit geringer ist als bei U- und S-Bahn, ist die Fahrzeit oft kürzer, weil keine Höhenunterschiede von bis zu 30 Metern in die Tiefe (jeweils drei bis vier Minuten) bewältigt werden müssen. Wegen der Haltestellendichte sind oft keine Umstiege vom oder zum Bus nötig. Es sind keine großen Baustellen erforderlich. Eine Straßenbahn kann abschnittsweise gebaut werden. Sie kann zweieinhalb mal mehr Leute befördern als ein Bus. Und – was aber offensichtlich in der Politik keine Rolle spielt – der Bau ist viel billiger. Sie ist so schnell, dass sie im fließenden Verkehr mithalten kann und keine eigene Spur braucht. Inzwischen ist auch die Sturzgefahr für Fahrradfahrer gelöst. Die Schienen haben eine Abdeckung aus Hartgummi, die sich für die Durchfahrt der Straßenbahn öffnet und anschließend die Schienen wieder verschließt.

Im Gegensatz zu früher, als ein eigenes Gleisbett Voraussetzung war, ist eine Straßenbahn seit 2022 auch vom Bund förderfähig (bis zu 70 % der Baukosten), wenn sie ihre Gleise im Straßenraum hat, die Autos also die Gleise überfahren und mit nutzen können, wenn die Straßenbahn durchgefahren ist.

Flyer. Links auf dem Stadtplanausschnitt der Linienverlauf der vorgestellten T13. Auf der rechten Seite die Haltestellen. deren Abstand von einander in Metern und Minuten. Ganz rechts die Durchschnittsgeschwindigkeit.
So könnte der Fahrplan für die T13 aussehen. Abb.: Partei DIE LINKE


	

3 Gedanken zu “Es ist unbestritten: Der Hamburger Süden braucht dringend eine zweite Schienenanbindung

  1. Da wo diese Straßenbahn fahren soll, kann ja heute nicht mal der Bus vernünftig fahren, weil immer alles vollgeparkt ist oder es zu eng ist. Auf der Trasse ist die Straßenbahn eine schwachsinnige Idee, die anscheinend nicht von Personen entwickelt wurde, die sich in der Gegend auskennen. Eine Verlängerung der U-Bahn bis Veddel oder vielleicht sogar bis Wilhelmsburg von der Station Elbbrücken aus, erscheint mir da viel sinnvoller.

  2. Da soll also eine Lindwurm-Straßenbahn im 5-Minuten-Takt durch die Straßen fahren, also rechnerisch alle 2,5 Minuten eine. Also eigentlich ständig. Zum Beispiel durch die dicht bewohnte Veringstraße oder die heute verkehrsberuhigte Veddeler Brückenstraße.
    Es ist kein Wunder, das die letzten Pläne für eine Straßenbahn am Widerstand der an der Strecke lebenden BürgerInnen gescheitert ist.
    Man sehe sich nur an, wie groß der Widerstand schon bei dem relativ harmlosen Busbeschleunigungsprogramm gewesen ist.

    Wilhelmsburg hätte dann eine zweitklassige Lösung mit längeren Fahrzeiten, und das bliebe dann auch die nächsten 50 Jahre so. Denn für die erstklassige und schnelle Hochbahn wäre dann wohl nicht mal mehr der Bedarf da, den es braucht um ein solches Projekt zu begründen.

    Fazit: Zu kurz gesprungen und nicht bis zum Ende gedacht.

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Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

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