Zwischen Eisvögeln und Sondermüll

Bei der Aktion „Water Clean Up“ des BUND Hamburg haben fleißige Menschen eine Menge Müll aus dem Ernst-August-Kanal gefischt

Von Menschen stehen vor einem Ziegelbau mit großen Holztüren (ein Ruderverein), einer von ihnen hält einen Kinderwagen in die Luft, eine andere hält eine Gaskartusche in den Händen. Ein Paar hält sich im Arm, eine Frau hat eine Greifzange über der Schulter. Vor ihnen liegt ein Plastikstuhl, mehrere blaue gefüllte Müllsäcke und rote Eimer aus denen Müll ragt.
Die Ausbeute der Paddler*innen: knapp 70 kg Müll. Fotos: J. Domnick

Schon bevor sich die freiwilligen Müllsammler*innen mit den drei grünen Kanus „Stichling”, „Biber” und „Libelle” des BUND und einem eigenen Kajak am Freitag, 6. September 2024 zum „Water Clean Up“ auf den Weg machten, wurde es aufregend: Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) war mit einem Kamerateam vor Ort, um die Aktion, die im Rahmen von „Wildes Wilhelmsburg“ stattfand, für das Hamburg Journal zu filmen. Nach dem fröhlichen „Hallo Hamburg“ schnappten sich insgesamt 16 Umweltschützer*innen von ein bis 60 Jahren Greifzangen, Eimer und Müllsäcke, um den Ernst-August-Kanal rund um den Ruderclub ein bisschen weniger dreckig zu machen. Auch Menschen vom Anglerverband Hamburg waren dabei und warfen Seile mit Enterhaken von der Brücke an der Schlenzigstraße, um große Gegenstände unterhalb der Wasseroberfläche zu finden und zu bergen. Der Bezirk Hamburg hatte ebenfalls Mitarbeitende geschickt, um den Einsatz zu unterstützen.

Bei bestem Sommerwetter und neugierig beäugt von mindestens drei Nutria-Familien, jeder Menge Reiher, Enten und Gänse fischten die Paddler*innen drei Stunden lang alles aus dem Wasser, was nicht dort hingehört. Am Ende waren es knapp 70 kg Plastiktüten und -kisten, Metallschrott, Flaschen, Kleidung, Feuerzeuge, Stühle und ein Kinderwagen.

Giftige „Beute” mit explosivem Inhalt

Mehrere Gaskartuschen stehen auf dem Boden. Sie sind mit grünen Blätter designed, in gelber Schrift steht "Exotoc Whip" darauf. Davor leigt eine Greifzange, an der ein Auftriebskörper befestigt ist.
Gefährliche Fundstücke: Gaskartuschen, die Jugendliche zum Drogenkonsum gebrauchen.

Besonders auffällig: Die vielen Vier-Kilogramm-Lachgas-Kartuschen. Jugendliche konsumieren das Distickstoffmonoxid zum high werden mit Hilfe von Luftballons, die ebenfalls an vielen Stellen im Wasser lagen. Als unentbehrliches Arzneimittel ist das Schmerz- und Narkosemittel legal erhältlich und wird mittlerweile in vielen Kiosken verkauft. Auch zum Aufschäumen von Getränken und Speisen wird es in der Lebensmittelindustrie und Gastronomie verwendet. Für die Natur ist das Distickstoffmonoxid in vielerlei Hinsicht problematisch: Es trägt als Treibhausgas zur globalen Erwärmung sowie zum Ozonabbau in der Stratosphäre bei. Die Behälter stehen unter Druck, wenn sie nicht vollständig entleert wurden und gehören in den Sondermüll. Landen sie im Restabfall, können sie schwere Schäden in den Müllverbrennungsanlagen verursachen. Im Kanal haben sie erst recht nichts zu suchen.

Ebenso belastend für die Gewässer sind E-Zigaretten, sogenannte Vapes, denn sie können neben Kunststoff und der giftigen Tabakflüssigkeit Quecksilber, Cadmium, Blei sowie Leitsalze und Lösungsmittel in den Akkus enthalten. Außerdem sind Lithium-Ionen-Batterien brennbar.

Zusätzlich zum „Kleinmüll” brachten die Angelnden etliche Fahrräder, Einweggrills, Einkaufswagen und E-Scooter ans Tageslicht. Zusammen mehrere hundert Kilogramm. Kurz gab es einen Schreckmoment, als ein Kanu-Fahrer einen Gegenstand aus dem Wasser ragen sah, der an eine Granate erinnerte. Das herbeigerufene Kampfmittelbergungs-Team konnte aber schnell Entwarnung geben. „Aber lieber einmal mehr als zu wenig anrufen”, lobten diese.

Besonderes Glück hatte die Autorin dieses Artikels: Gleich zweimal flog ein Eisvogel vor ihren Augen vom Wilden Wald an die andere Uferseite.

Auf dem Boden stehen rote Plastikeimer und blaue Müllbeutel, die mit Müll gefüllt sind. Eine Person, grünes BUND-T-Shirt, Cappi, kurze Hose, wiegt einen Eimer mithilfe einer Gepäckwaage.
Die „Beute” wird von einer BUND-Mitarbeitenden gewogen.

Der BUND Hamburg sammelt mit Hilfe der Kanus seit 2021 Müll in den Gewässern der Elbinsel Wilhelmsburg. Alle sind herzlich eingeladen, mitzumachen. Es sind keine Vorkenntnisse nötig.

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Jenny Domnick

Als freiberufliche Texterin und gesellschafts-politisch aktive Person ist sie viel im Internet unterwegs, unternimmt aber auch gerne Streifzüge am und im Wasser. Wenn's pladdert, müssen ihre Freund*innen als Testesser*innen für ihre Hobby-Kochkünste herhalten.

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