WIR haben wieder für euch gestöbert!


Alle Bücher, die als (Gewinn) gekennzeichnet sind, verlosen WIR unter den Rätseleinsender*innen seit August 2025! Schreibt gerne dazu, welches Buch euch besonders interessiert. WIR versuchen, den Wunsch zu berücksichtigen.
Morgen, Klufti, wird’s was geben (Gewinn)
Eine Weihnachtsgeschichte – So viel Lametta war noch nie

Marianne Groß. Weihnachten bei den Kluftingers, das sind Erikas selbstgebackene Plätzchen, Kluftingers alljährlicher Kampf mit dem Christbaum und vor allem viele liebgewonnene Traditionen. Die werden allerdings gründlich durcheinander gewirbelt, als sich spontan Besuch aus Japan ankündigt und Erika obendrein zwei Tage vor Heiligabend von der Leiter fällt. Kommissar Kluftinger ist also bei den Festvorbereitungen auf sich allein gestellt. Keine leichte Aufgabe, denn sein japanischer Besucher erwartet nicht weniger als das ultimative Allgäuer Weihnachtserlebnis. Und so nimmt die Katastrophe ihren Lauf …
Wie ein Adventskalender, für jeden Tag vom 1. bis zum 24. Dezember eine Katastrohphengeschichte. Ein hübsches Büchlein für Leute, denen es vielleicht manchmal zu besinnlich und gemütlich in der Vorweihnachtszeit wird. Bei Klufti geht es rund. Sein handwerkliches Geschick ist auch nicht so gut, wie er denkt. Und der japanische Schwiegerpapa hat keine Ahnung von einer deutschen Weihnacht.
Volker Klüpfel/Michael Kobr „Morgen, Klufti, wird’s was geben, Ullstein, 144 Seiten, 14 EUR, auch als eBook erhältlich
Ein Frauenleben im 20. Jahrhundert (Gewinn)
Hanna Krause, eine Heldin im Osten Deutschlands, die das Leben nimmt, wie es kommt

Marianne Groß. Wie schön, dass ich mir dieses Buch zum Rezensieren ausgewählt habe. Das Beispiel eines Frauenschicksals im vorigen Jahrhundert. Es berührt und lässt bewundernd an unsere Groß- und Urgroßmütter denken. Am Beispiel der Blumenbinderin und späteren Kranführerin Hanna beschreibt Annett Gröschner das Leben der Frauen im 20. Jahrhundert.
Alle in Deutschland erleben zwei Weltkriege und danach die Niederlagen, einen Kaiser, eine Diktatur und zwei Demokratien. Aber Hanna Krause lebt in Magdeburg in der ehemaligen DDR, wo es gut 40 Jahre eine weitere Diktatur und zwei Aufstände gibt. Dazu kommt ein Leben als ungeliebte Halbschwester, eine frühe Schwangerschaft, nicht von einem Traummann, aber es wird geheiratet.
Hanna hält zu diesem Mann, auch wenn er oft zu viel trinkt; später als er einen Unterschenkel verliert und auch in Zeiten, in denen sie die Familie allein ernähren muss. Sie gebiert sechs Kinder. Der einzige Sohn überlebte den Krieg nicht und ihre Tochter Kristina verliert sie nach einem Bombenhagel. Hanna macht sich so ihre Gedanken über das Menschsein und ihr Leben. Wie es auch kommt, sie bleibt immer anständig.
Hanna trägt Wörter, die sie behalten will, Gedanken und Beschreibungen vieler Blumen in ein Buch ein. Die Liebe zu Blumen durchzieht ihr ganzes Leben. Nur Kakteen mag sie nicht. Annett Gröschner beginnt jedes Kapitel des Buches mit der Beschreibung einer Blume, wie Hanna sie in Ihrem Buch notiert. Auch als sie schon als Kranführerin arbeitet, bestellt sie ihren Mietergarten.
Ihre vier Töchter kümmern sich bis zum Ende liebevoll um sie und entsorgen dann auch die 237 getrockneten Blumensträuße, die sich zum Schluss in Hannas Wohnung angesammelt haben, da sie keine Blumen mehr weggeworfen hat.
Annett Gröschner, Schwebende Lasten, C. H. Beck, 279 Seiten, 26 Euro, e-Book 19,99 €
Wann hört das endlich auf?! (Gewinn)
Doris Knecht schildert in ihrem Roman „Ja, nein, vielleicht“ wie eine lebenserfahrene, eigentlich souveräne Frau beinah doch noch einmal Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein für die romantische Beziehung mit einem Mann über Bord wirft

Sigrun Clausen. Die Ich-Erzählerin ist eine auf die 60 zugehende Frau, die sich, nach Ehe, Scheidung, Kinder-Allein-Großziehen, ihr Leben nach und nach ziemlich gut eingerichtet hat. Sie hat eine erfüllende Arbeit, enge Freundinnen, guten Kontakt zu ihren Schwestern, erfreut sich an ihren erwachsenen Kindern und kann – wie sich am Ende herausstellt – auf tolle Nachbar*innen bauen; kurzum, sie lebt in einem Netzwerk an funktionierenden sozialen Beziehungen. Sie liebt es, dass sie Dinge jetzt so tun kann, wie sie es für richtig hält und pflegt mit Selbstironie ihre kleinen Marotten. Allein zu sein, wenn sie es möchte, empfindet sie als befreiend. Sie kann sich gut um sich selbst kümmern, achtet auf ihre Gesundheit und mit dem Älterwerden sieht sie nicht nur das Ende nahen, sondern auch noch einmal einen neuen Lebensabschnitt, der gestaltet sein möchte. Mit dem Single-Dasein kommt sie nicht nur zurecht, sondern empfindet es als die passende, richtige Lebensform.
Doch dann gerät alles ein wenig ins Rutschen. Nicht dramatisch, aber doch merklich. Ihr Zahnarzt eröffnet ihr, dass ihr ein Zahn ausfallen wird und kein Implantat möglich ist. Eine ihrer Schwestern hat eine Ehekrise und nistet sich in ihrer Wohnung ein. Und dann trifft sie beim Einkaufen im Supermarkt einen Mann wieder, mit dem sie während ihrer Studentinnenzeit eine lose Beziehung hatte.
Die drohende Zahnlücke löst eine kleine Existenzkrise aus. Das Verhalten der Schwester bringt das wohltemperierte Geschwistergefüge durcheinander. Und das Auftauchen des Mannes konfrontiert sie mit Fragen, die sie sich eigentlich nie wieder stellen wollte, und mit Überlegungen, von denen sie glaubte, sie hätte sie überwunden. Plötzlich merkt sie, dass ihre Autonomie und gesunde Selbsteinschätzung immer noch sehr leicht ins Wanken geraten – und, ups, schon geht es wieder um IHN: Wie findet er mein Aussehen? Mag er meine Kleidung? Ist ihm mein Häuschen auf dem Land zu unordentlich? Sage ich das Passende und ist mein Lachen ok? Usw. usf. Die Ich-Erzählerin findet sich in einer Endlosschleife von längst als vollkommen absurd und bescheuert entlarvten Gedanken wider, noch bevor sie überhaupt weiß, ob sie den Typen aus der Vergangenheit noch gut findet oder gar eine romantische Liebesbeziehung mit dem Mann eingehen will.
Das Wohltuende an dem Buch ist, dass es zu keiner Ehrenrettung des Konzepts der romantischen Liebe kommt, die Heldin also nicht „sich einfach nur trauen“ muss und schlussendlich bekehrt und glücklich die Zweierbeziehung eingeht. Im Gegenteil: Das Auftauchen des Mannes ist eher eine Art Prüfung, die sie am Ende die Richtigkeit und Schönheit des eigenen Lebens, so wie es ist, noch einmal deutlich spüren lässt.
Geschrieben ist die Geschichte in einem heiter-melancholischen Duktus, die Ich-Perspektive gelungen. Inhaltlich erscheint es ein wenig unrealistisch, dass eine derart reflektierte, lebenserfahrene Frau in solche fast schon klischeehaften Verhaltensmuster gegenüber einem Mann verfällt. Doch zum Glück geht es über weite Strecken auch um die anderen dargestellten Themen und hier sind die Inhalte und Beobachtungen differenziert, feinfühlig und gut nachvollziehbar.
Doris Knecht, Ja, nein, vielleicht, Hanser-Verlag, Berlin 2025, 238 Seiten, 24 Euro
Hier draußen (Gewinn)
Porträt eines Dorfes und seiner Bewohner*innen

Klaus Müller. Eine weiße Hirschkuh, eine dunkle Prophezeiung und ein Dorf, das kopfsteht. In Fehrdorf scheinen alle zu wissen, wo sie hingehören. Nur Ingo und Lara, die mit den Kindern von der Großstadt aufs holsteinische Dorf gezogen sind, haben Schwierigkeiten. Vor allem Ingo strengt die Pendelei zu seinem Start-Up nach Hamburg an. Als er eines Abends eine weiße Hirschkuh anfährt, bringt das die gesamte Dorfgemeinschaft aus dem Gleichgewicht.
Warmherzig entwirft Martina Behm das Porträt eines Dorfes und erzählt von Menschen, die alle auf ihre Art das gute Leben suchen. Raffiniert verbindet Martina Behm verschiedene Perspektiven zu einem kompletten Panorama. Allen, die schon einmal in dörflicher Gemeinschaft gelebt haben, werden Erinnerungen kommen. Das Buch ist für jede*n lesenswert, der*die sich nach mehr Gemeinschaft sehnt.
Martina Behm, Hier draußen, dtv, 487 Seiten, 24 Euro
Zwei Herzen im rauen London (Gewinn)
Die nicht gerade einfache Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen im kalten London erzählt uns von Einsamkeit und Liebe

Chris Meyer. Christine Dwyer Hickey führt uns in ihrem Roman in das Leben zweier Außenseiter mitten im pulsierenden London. Mit erzählerischer Kraft fängt sie die inneren Welten der Menschen in ihrem kleinen urbanen Kosmos ein und webt daraus einen packenden und großartigen Roman, der von Einsamkeit, Liebe und Menschlichkeit erzählt. Das ist keine kitschige Liebesgeschichte, eher ein rauer, leiser Blues über Menschen, die sich immer wieder finden und doch nie vollständig halten können. Die Sprache trifft genau den Punkt: ungeschminkt, manchmal verletzend ehrlich, und mit einem Humor, der meist zwischen den Zeilen sitzt und die Leser*innen plötzlich lachen lässt, wenn sie eigentlich weinen wollen.
1979 – die 18-jährige Milly kommt aus Südirland nach London, um ihrem Leben zu entfliehen und ein neues aufzubauen. Ein düsteres Jahr, denn der Nordirlandkonflikt hat gerade mit einer Anzahl von Sprengstoffattentaten der IRA die Briten veranlasst, einen gnadenlosen Blick auf jeden und alles, was mit Irland zu tun hat, zu werfen. Doch im Pub von Mrs. Oaks und ihrer Kollegin Trish wird Milly gut aufgenommen. Dass die Gäste sie dort zunächst Irin taufen, stört sie keineswegs.
Nur Pip, der junge Boxer, der direkt neben dem Pub im Boxclub trainiert, ärgert sich jedes Mal über den Namen, wenn er an der Bar sein Bier genießt. Auch er hat seine Wurzeln in Irland – und genau das verbindet die beiden auf besondere Weise. Von der Bar aus hat Milly ihn ständig im Blick, und auch sie spürt, wie Pip sie heimlich ansieht. Als Mrs. Oaks Millys Schwangerschaft bemerkt, einer ihrer Gründe, um Irland zu verlassen, packt sie für Milly einen Koffer und schickt sie in ein von Nonnen geführtes Haus für ungewollt Schwangere, fernab von London. Dort bekommt sie ihre Tochter, die sie gerne behalten hätte, doch mehr oder weniger gezwungen, gibt sie das Kind zur Adoption frei.
In der Zwischenzeit hat Pip seine Laufbahn als Boxer weiter verfolgt, die ihn nach Berlin und an andere Orte führte. Pip wollte eigentlich Trompeter werden, nicht etwa Boxer. Doch als seine Mutter starb, geriet alles durcheinander – sogar die Weihnachtsgeschenke für die beiden Söhne, die ihnen eigentlich den Weg in die verschiedenen Berufe ebnen sollten. Vielleicht steckt genau darin der Grund, warum Pip in seiner Karriere vom Glück verlassen bleibt, sein Bruder Dom dagegen ein gefeierter Musiker wird. Immer wieder kreuzen sich die Wege von Milly und Pip, doch nie sprechen sie aus, wie viel sie einander wirklich bedeuten. Der Alkoholkonsum von Pip sowie seine wechselnden Beziehungen führen zu einer Entfremdung zwischen den beiden. Dennoch bleibt Milly für Pip im Pub stets erreichbar, bis sie selbst eine Beziehung eingeht.
Nach vierzig Jahren kreuzen sich Millys und Pips Wege erneut. Beide stehen an einem Wendepunkt, an dem sich alles ändern könnte – vielleicht gehen sie nun zusammen weiter und gestehen sich ihre Liebe, ohne Wenn und Aber …
Christine Dwyer Hickey, Alle unsere Leben, Unionsverlag, 556 Seiten, 26 Euro
Hark Bohms Sehnsuchtsort (Gewinn)
Der vor kurzem gestorbene Filmemacher Hark Bohm war auch Autor vieler Drehbücher. Das im letzten Jahr erschienene Buch „Amrum“ ist sein einziger Roman. Der gleichnamige Film, der zur Zeit in den Kinos läuft, zeigt nur einen Teil der Geschichte

Hermann Kahle. Es ist kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges. Auf der Insel Amrum sind die Lebensmittel knapp, die Väter sind im Krieg. Der 12-jährige Nanning und sein Freund Hermann müssen helfen, ihre Familien über die Runden zu bringen. Sie arbeiten bei der Bäuerin Tessa und bekommen dafür Milch, Hühnerfutter, manchmal etwas Butter.
Hakenkreuzfahnen vor den Häusern, zackiges Heil-Hitler-Grüßen und Appelle bei den Pimpfen sind für Nanning normaler Alltag. Die ständigen politischen Streitereien zwischen seiner schwangeren Mutter, einer überzeugten Nationalsozialistin, und seiner kritischen Tante Ena irritieren ihn eher. Er liebt beide.
Ungewollt bringt er die Bäuerin Tessa in Lebensgefahr, als er zu Hause von ihrer Freude über das baldige Ende des „Scheißkriegs“ erzählt. Tessa will nichts mehr mit ihm zu tun haben und nun muss er Kiebitzeier sammeln, Kaninchen jagen und Schollen fangen, damit seine Familie etwas zu essen hat. Die Lage spitzt sich zu, als seine Mutter nach der Meldung über Hitlers Tod und der Geburt des Kindes zusammenbricht und nichts mehr essen will außer einem Weißbrot mit Butter und Honig. Und während seine Tante Ena und einige andere Nazigegner*innen auf dem Dorfplatz feiern, macht Nanning sich auf, um die drei Köstlichkeiten für seine Mutter zu besorgen.
Der zweite Teil des Romans spielt in den ersten Monaten nach Kriegsende. Englische und amerikanische Soldaten sind auf der Insel. Hakenkreuzfahnen und Hitlerbilder sind verschwunden. Nanning weiß nicht mehr, was er glauben soll. Sind die feiernden Amrumer*innen Verräter*innen? Ist sein Nazi-Vater, der – gerade nach Amrum zurückgekehrt – verhaftet wird, vielleicht tatsächlich ein Verbrecher?
Und seine Überraschung ist groß, als er seinen Lieblingsonkel Theo wiedersieht, der als Jude in die USA emigriert ist und nun als GI zurückkommt. Der Onkel lädt ihn ein, nach New York zu kommen, der Stadt, in der mehr Amrumer*innen leben als auf der Insel. Aber am Ende der Geschichte steht Nanning am Bug der Fähre auf dem Weg nach Hamburg, wo er auf Beschluss der Eltern die Oberschule besuchen soll. Und er kommt sich vor, als müsse er allein in das untergegangene Rungholt fahren – „in eine kalte Stadt unter der grauen See“.
„Amrum“ ist keine Autobiographie, aber der Roman beruht auf Hark Bohms eigener Geschichte. Auch er hat als Kind in den Kriegs- und Nachkriegsjahren auf der Insel gelebt und auch seine Eltern waren überzeugte Nazis. Und obwohl er schon mit 12 Jahren von der Insel fortgezogen ist, blieb Amrum sein Sehnsuchtsort. In einer Verlagsmitteilung sagt er: „Diese Kinderjahre auf Amrum waren die wichtigsten, und deshalb hab‘ ich wohl auch immer Amrum als meine Heimat betrachtet.“
Hark Bohm & Philipp Winkler, Amrum, Ullstein Verlag, 301 Seiten, 14,99 Euro

