„Was soll denn das da?“

Mit der Einlassung einer gepflasterten Linie in die Mannesallee wurde die kritische Installation am Kriegerdenkmal an der Emmauskirche in der vergangenen Woche vollendet

Es war das Ende eines sehr langen Diskussionsprozesses um die Frage, was mit dem umstrittenen Kriegerdenkmal hinter der Emmauskirche geschehen soll.

Die optische Verbindung zwischen Kriegerdenkmal und Stolpersteinen – Anstoß zum NACHDENKEN. Fotos: O. Menk

Vor einem guten Monat wurde die Genehmigung erteilt, eine gepflasterte Linie quer über die Straße zwischen Denkmal und den gegenüberliegenden Stolpersteinen der Familie Leipelt einzubringen. In der vergangenen Woche waren die Straßenbauer an der Reihe. An drei Tagen vermaßen sie den Verlauf dieser Linie über die Fahrbahn und frästen die seitlichen Begrenzungen aus. In den Folgetagen wurde das Bett für Pflasterung ausgehoben und die Steine wurden gesetzt.

Der DENKmalprozess und die kritische Installation

Oliver Menk von der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg und den Künstler*innen Vera Drebusch und Reto Buser waren die Erleichterung und Freude anzumerken, als die Arbeiten auf der Mannesallee begannen. Rund drei Jahre hatten sie um die Genehmigung dieser „Linie“ verhandelt.

Der Verlauf der Linie wird vermessen.

Ihre kritische Installation ist das Ergebnis eines jahrelangen Diskussionsprozesses. Das lange verborgene Kriegerdenkmal war Ende 2017 freigelegt worden. Es wurde kurz darauf mit einem antifaschistischen Graffito besprüht und in der Folge mit einem hölzernen Verschlag umhüllt. In einem DENKmal-Prozess wurde in den Folgejahren über den Umgang mit dem umstrittenen Denkmal diskutiert. (Der WIR hat regelmäßig berichtet). Ergebnis der Diskussion war der Auftrag an das Künstler*innenduo Drebusch/Buser für die Umsetzung ihrer kritischen Installation. Mit ihr soll die „militaristische Botschaft des Denkmals mit den Opfern dieser Gesinnung, der Familie Leipelt, konfrontiert werden.

Ein Element der Installation, die Drehung des alten Denkmals in Richtung auf die gegenüberliegenden Stolpersteine vor dem Leipelthaus, konnte im März 2023 vorgenommen werden (WIR 17.4.23). Im Sommer vergangenen Jahres wurde auf dem Gehweg vorm Denkmal mit großen farbigen Buchstaben das Wort DENKEN mit verschiedenen Vorsilben aufgebracht, die zum NACHDENKEN anregen. (WIR 14.8.24).

Jahrelange Verhandlungen über die „Sondernutzung“

Das Bett für die Pflasterung.

Das Kernelement der Installation ist die Linie über die Straße, als sichtbare Verbindung zu den gegenüberliegenden Stolpersteinen für die Familie Leipelt. Aber diese „Sondernutzung“ der Fahrbahn wurde von den zuständigen Behörden mit Berufung auf das Wegegesetz trotz mehrfacher Überarbeitung der Anträge immer wieder abgelehnt. Im Frühsommer dieses Jahres sprach Olli Menk mit dem neuen Leiter des zuständigen Polizeikommissariats 44. Der neue Kommissariatsleiter war dem Vorhaben gegenüber aufgeschlossen und es zeigte sich: Im Wegegesetz gibt es sehr wohl einen Ermessensspielraum.

Mit der Einlassung dieser Pflasterlinie ist der vor acht Jahren begonnene DENKmal-Prozess abgeschlossen und die künstlerische Kommentierung des Denkmals zum Ende gebracht. Die Hoffnung ist, dass die Installation nun Anstoß gibt zum Innehalten, zum Nachdenken und zum Austausch.

Einen Tag nach der Fertigstellung der gepflasterten Linie kam eine Kita-Gruppe vorbei. Und die Kleinen blieben stehen und fragten: „Was soll das denn da?“ Schon mal ein Anfang.

Ein Gedanke zu „„Was soll denn das da?“

  1. wie schön, dass doch noch eine sichtbare Verbindung geschaffen wurde. Ich habe die Diskussion ja aus der Ferne über die Jahre verfolgt und bin froh, dass sie nun zu Ende ist. Mein Dank geht an die Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg und all die Leute die nicht in ihren Bemühungen nachgelassen haben. Das war eine Generationenleistung.

    P.S. 8 Jahre sind schon viel, das musste ich noch loswerden.

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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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