Am Sonnabend, 16. September hatte das Bündnis „Kritische Zeitungsleser:innen gegen Rechts” zur Kundgebung vor dem Verlagsgebäude des „Neuen Rufs” aufgerufen. Es wurde ein entschlossener Protest gegen die AfD-Veröffentlichungen des Anzeigenblatts
Die „Omas gegen Rechts (OgR)” Hamburg Süd, der „Offene Stadtteiltreff gegen Rechts Harburg”, Anwohner:innen und Antifa-Aktivist:innen: Sie alle waren gekommen, um den Verantwortlichen des „Neuen Rufs” (NR) vor Ort in Neuwiedenthal deutlich zu machen, dass rechte Hetze in dem Anzeigenblatt nicht einfach hingenommen wird. Anlass waren eine 12-seitige exklusive Sonderwerbeeinlage sowie Pressemitteilungen der AfD in der vorletzten Ausgabe der Lokalzeitung, die im ganzen Süderelberaum kostenlos an die Haushalte verteilt wird (WIR 13.9.23).
Als die ersten Demo-Teilnehmer:innen ihr Ziel in der Cuxhafener Straße erreichten, sprach Geschäftsführer Peter Bobeck-Niculescu noch mit den zwei anwesenden Polizisten. Danach ließ er sich jedoch nicht mehr blicken. Etwa 35 Menschen fanden sich nach und nach auf dem Bürgersteig zwischen dem Verlagsgebäude und der 4-spurigen Straße ein. Die „Omas gegen Rechts” hatten Schilder, Sonnenschirme und Taschen mit ihrem Aufdruck dabei, das Harburger Bündnis spannte ein, für die vorbei fahrenen Auto- und Radfahrer:innen gut sichtbares, Transparent auf. Darauf war zu lesen: „Rechte Hetze tötet. Tatort Rassismus.”
Die Kundgebung startete mit einem Redebeitrag. Darin zeigte ein Aktivist die Konsequenzen der AfD-Propaganda auf: „Mit den Erfolgen der AfD und ihrer steigenden gesellschaftlichen Akzeptanz steigt auch die Zahl rechter Gewalttaten. (…) Unserer Meinung nach macht sich jedes Medium schuldig, sobald es ohne Zwang diesen Leuten Raum zum Publizieren einräumt. (…) Jedes Plakat, jede widerspruchsfrei geäußerte Parole und gerade die Resonanz der Medien, die Nazis als akzeptablen Teil der Gesellschaft darstellen, üben eine ständige, mittelbare Gewalt auf alle aus, die sich zu Recht von Nazis bedroht fühlen.”
Keine Rechtfertigung für Nazi-Veröffentlichungen
Er nahm auch Bezug zur, im eigenen Organ veröffentlichten, Stellungnahme des NR: „Wir fordern nun alle an der Redaktion des Neuen Rufs Beteiligten auf, sich zu den Einlagen zu verhalten. Das Argument, man hätte auch anderen Parteien Raum zur Repräsentation gewährt, zählt nicht.” Zum einen sei die viel gößere Präsenz der AfD im Vergleich zu anderen Parteien in dem Blatt bemerkenswert. Zum anderen gebe es – anders als bei normalen Parteien – keine Rechtfertigung, Nazi-Parteien überhaupt Raum für Veröffentlichungen zu geben. Auch die OgR kritisierten die Reaktion des NR zu den Vorwürfen: Weder Logo noch Verfasser ihrer Stellungnahme, die das Blatt auf Seite 3 abgedruckt hatten, seien erkennbar gewesen. „Es spricht Bände, dass der Neue Ruf sich verteidigt, sich aber nicht entschuldigt”, bemerkte eine von ihnen.
„Es gibt keine Entschuldigung für Nazipropaganda und es gibt keine demokratische Pflicht, jeder Position durch aktive Beihilfe Gehör zu verschaffen.”
Ein Redner auf der Kundgebung
Die Zuhörenden reagierten mit Applaus und skandierten „Neuer Ruf mit altem Deck, das woll’n wir nicht, das muss jetzt weg!” und „Ungefragt erhalten wir diese Hetze und Geschmier!”
Während Musik von Danger Dan bis Alarmsignal mit antifaschistischen Texten aus einer mitgebrachten Box schallte und veganer Schokokuchen die Runde machte, fragten WIR einige Teilnehmer:innen der Kundgebung, warum sie heute dabei sind. Ein Paar Anfang 30 äußerte sich so: „Wir wohnen seit zwei Jahren in Hausbruch und finden es toll, dass Leute von außerhalb hergekommen sind. Es ist erschreckend, dass Neuwiedenthal die Hochburg der AfD in Hamburg ist, obwohl der Stadtteil ziemlich divers ist. Toll, dass Menschen Flagge zeigen!” und eine der „Omas gegen Rechts” meinte: „Wie pleite und verzweifelt muss man sein, um Nazipropaganda zu veröffentlichen? Einen anderen Grund kann ich mir nicht vorstellen!” Eine andere Protestierende formulierte: „Auch und gerade bei den Medien liegt eine große Verantwortung, den Rechten keine Bühne zu bieten. Kritisch berichten, ja, Hetze nein!”
Für Geld oder aus Überzeugung?
Es folgten zwei weitere Redebeiträge von den kritischen Zeitungsleser:innen und den OgR, die das Weltbild der AfD auseinandernahmen, welches in der Beilage deutlich zum Vorschein komme. Sie wiederholten ihren Vorwurf, die unverhohlene Verknüpfung von Gewalt und Migrationshintergrund sei infam und brandgefährlich. Erst am 15. August diesen Jahres brannten zwei Geflüchtetenunterkünfte in Hamburg, in derselben Nacht.
Ein weiterer Kundgebungsteilnehmer aus Harburg äußerte gegenüber dem WIR:
„Ich bin empört, dass der ‚Neue Ruf’ die rechtsradikale AfD unterstützt, um Geld zu verdienen. Auch wenn ich nicht glaube, dass es dabei nur um Geld geht. Ich vermute stark, da gibt es Sympathien.”
Ein Teilnehmer der Kundgebung
Nach etwas über einer Stunde beendete die Versammlungsleitung die Kundgebung, jedoch nicht, ohne anzukündigen, dass man es sich nicht bieten lasse, dass der Neue Ruf die Propaganda der Rechten freiwillig und frei Haus in ihre Nachbarschaft liefere. Man werde weiter darüber informieren und Druck erzeugen, denn: „Wer schweigt, stimmt zu.”
Ich finde es generell schräg, wenn eine Partei in einem Blatt die Möglichkeit erhält, besonders viel “Werbefläche” zu nutzen. Dass es die AfD ist, macht mir Sorgen.
Punkt 1
Die Nazis sind tot.
Punkt 2
Wer den Medien vorschreiben möchte, was sie zu berichten haben, verfällt genau in diese Zeit zurück
Punkt 3
Pressefreiheit ist das höchste Gut in einem demokratischen Land
Punkt 4
Für schlechte Politik sind die Parteien selbst verantwortlich
Punkt 5
Jeder Bürger kann an der Wahlurne eigene Entscheidungen treffen, niemand wird gezwungen, die AfD zu wählen
Was ist denn das bitte für ein Aussage, dass die Nazis tot seien? Da scheinen Sie aber sehr veraltete Informationen zu haben über die ganzen Menschen in der AFD und außerhalb, die sich ausdrücklich mehrfach positiv auf den Nationalsozialismus berufen haben und eine Politik fordern, die Elemente der NS-Politik fortsetzt.
Da erspar ich mir einfach mal auf den Rest so eines ignoranten Beitrags einzugehen.
Punkt 1
Die Nazis waren nie tot, weder 1945 noch heute.
Punkt 2
Der Verlagseigentümer wählt seine Inserenten passend zum Verlagsprogramm aus. Hier wurde eine als rechtsextrem eingestufte Partei als seinen Finanzier ausgesucht.
Punkt 3
(Art 1) steht ganz oben. Pressefreiheit ist über die Meinungsfreiheit (Art 5) durch das GG geschützt vor staatlichen Eingriffen, hier demonstrieren (Art 8) aber Antifaschisten – wollen Sie das verbieten?
Punkt 4
“Der neue Ruf” ist eine Lokalzeitung mit Anzeigenblättchen zum Wochenende. Wo finde ich hier investigativen Journalismus?
Punkt 5
Da haben Sie Recht. Bezug zum Thema: Eine als rechtsextrem eingestufte Partei inseriert und publiziert in einem Lokalblatt? Fehlt.