Die Nelson-Mandela-Schule hatte zu einem Diskussionsabend mit dem Titel „Welche Bildung soll Schule vermitteln?” eingeladen. In mehreren Gesprächsrunden diskutierten Schüler*innen und Pädagog*innen Kritiken und Ideen für die Zukunft
Gut sechzig Schüler*innen und Pädagog*innen der Nelson-Mandela-Schule hatten sich in der Aula versammelt. Nach der Begrüßung durch Schulleiter Oliver Lahtz trug eine Schüler*innengruppe mit „Stimmen aus der 7c” ihre Wünsche und Vorstellungen von einer Schule vor und der Oberstufenchor sang „Wir sind laut für unsere Zukunft”.
Drei Gesprächsrunden
Den Hauptteil des Abends bildeten drei parallele Gesprächsrunden mit Schüler*innen, Elternvertreter*innen, Bezirkspolitikerinnen und Bildungsfachleuten. Eine Runde mit dem Thema “Von Innen” beschäftigte sich mit der Frage: „Was wünschen wir uns für eine Schule auf den Elbinseln, welche Visionen haben wir und wie können sie schrittweise schon an der Nelson-Mandela-Schule realisiert werden?” Eine zweite Runde, die vom ehemaligen Schüler Yasir Salami moderiert wurde, diskutierte unter der Überschrift „Interkulturalität – Ausgrenzung, Vielfalt”: „Wie sieht heute Bildung für eine selbstbewusste internationale Stadtgesellschaft aus?”
Vorbereitung auf das wirkliche Leben
In der dritten Gesprächsrunde trafen sich Netzwerkkoordinator Gottfried Eich, die Bezirksabgeordnete Kesbana Klein (SPD) und Phelina Mielke von “Joblinge e. V.” mit Oberstufenschüler*innen. Das Thema der Gruppe „Übergang Schule – Gesellschaft” betrifft die Schüler*innen unmittelbar. Mehrere Schüler*innen meinten, dass ihnen eine umfangreichere Vorbereitung auf das wirkliche Leben nach der Schule fehle. Der Unterricht sei zu theorielastig. Zum Beispiel vermissten sie ganz konkrete Informationen über Steuern und den angemessenen Umgang mit Geld, aber auch Informationen zu Themen wie emotionale Intelligenz und klassische Ausbildungsberufe.
Auf die Arbeitswelt fühlten sich die Schüler*innen im Allgemeinen ganz gut vorbereitet. Aber auch hier müsste der tiefere Einblick in berufliche Realität und in konkrete Ausbildungsgänge ausgeweitet werden. Derzeit fehle der Ernstcharakter, die Chance, in anderer Umgebung als in der Schule etwas über die Arbeitswelt zu lernen. Eine Möglichkeit wurde zum Beispiel darin gesehen, sich als Klasse eine Woche gemeinsam an einen Lernort außerhalb Hamburgs zu begeben und von dort aus Betriebsbesuche zu organisieren.
Insgesamt sollte es durch die Lehrkräfte mehr Ermutigung geben, seinen eigenen Weg zu gehen, meinten die Schüler*innen.
Bildungsdiskussion auf den Elbinseln
Der interessante Abend „Welche Bildung soll Schule vermitteln?” war als öffentliche Veranstaltung angekündigt. Unterm Strich war es aber „nur” eine schulische Veranstaltung der Nelson-Mandela-Schule. Es waren keine Schüler*innen oder Pädagog*innen aus anderen Wilhelmsburger Schulen unter den Besucher*innen. Das war schade, denn die dort angesprochenen Fragen gehen eigentlich alle Wilhelmsburger Bildungseinrichtungen an.
Der Ansatz, Bildungsentwicklung nicht nur als Sache einzelner Schulen, sondern als Angelegenheit des Stadtteils zu begreifen und zu diskutieren, war lange eine hamburgweit beachtete – und beargwöhnte – Wilhelmsburger Besonderheit. Der WIR hat regelmäßig darüber berichtet. Die stadtteilweite Vernetzung und Diskussion sind aus mehreren Gründen seit einigen Jahren eingeschlafen. Auch als Ergebnis des „Hamburger Schulfriedens” und aus mangelndem Interesse der einzelnen Schulen.
Die Entwicklung ist – Schulfrieden hin oder her – in den letzten Jahren weitergegangen. Diskussionsstoff gäbe es genug, die Veranstaltung in der Nelson-Mandela-Schule könnte ein Anstoß sein, diesen Diskurs im Stadtteil wieder zu beleben. Vielleicht mit einem „Elbinselbildungsfestival”. Das gab es vor ein paar Jahren schon mal, mit einem umfangreichen Programm, Infoständen und Workshops zu schulischen und gesellschaftlichen Fragen. Junge Besucher*innen aus ganz Wilhelmsburg und sogar von nördlich der Elbe waren zu dieser Veranstaltung gekommen (WIR 9/18).