Im Auge der Betrachtenden

Konfliktträchtig: Kunst im öffentlichen Raum

Im Spätsommer dieses Jahres entstand um eine Fotoausstellung mit dem Titel „Die dunkle Seite“ im Café Pause im Kulturzentrum Honigfabrik eine Kontroverse. Ein Teil der Betrachter*innen und Cafébesucher*innen empfand die ausgestellten Fotos als sexistisch und/oder gewaltverherrlichend und forderte ihre Abhängung. Dieser Forderung wurde nicht nachgekommen. Daraufhin beschlossen zwei Frauen, die Angelegenheit in die lokale Öffentlichkeit zu bringen. Sie verschickten einen offenen Brief, der von 33 Menschen aller Geschlechter unterschrieben und von elf mit eigenen Gedanken ergänzt wurde. Doch auch auf diesem Wege gelang es den Ausstellungskritiker*innen nicht, eine öffentliche und offene Diskussion um das Thema anzustoßen.

Mittlerweile hängt längst eine neue Ausstellung an den Wänden des beliebten Familiencafés. Was bleibt, ist ein übler Nachgeschmack – mit dem die Autorin dieses Textes sich nicht abfinden will. Denn eigentlich ging es bei der Angelegenheit um mehr als die kleine Provokation eines unbekannten Künstlers, und es ist ärgerlich, dass dieses „mehr“ durch den unglücklichen Verlauf der Auseinandersetzung so unter den Tisch gefallen ist.

Auch WIR, die wir als mikro-lokale Stadtteilzeitung eigentlich geradezu prädestiniert dafür gewesen wären, haben es versäumt, durch gute Berichterstattung zu einer vernünftigen Debatte beizutragen. Einer Debatte, die um die Frage geführt würde, wie wir alle den öffentlichen Raum so nutzen können, dass jede*r sich so gut wie möglich sowohl darin aufhalten als auch darin entfalten kann.

Was sahen wir?

Was war das für eine Ausstellung? Gezeigt wurden Schwarzweiß-Fotografien auf denen zwei junge, schlanke Frauen nackt in einer Kulisse, die wohl am ehesten mit leerstehender Industrie- oder Gewerbearchitektur beschrieben werden kann, posieren. Jeder Versuch, die Bildmotive näher zu beschreiben – Aussagen zu treffen über die Posen der Frauen, die Wirkung der Kulisse und den Inhalt des Dargestellten – führen schon mitten in den entstandenen Konflikt hinein. Denn was sahen wir? Sahen wir Frauen, die selbstbewusst ihren Körper, ihre Fantasien und die eigene Sexualität zeigen? Oder sahen wir Frauen als Opfer, sahen wir Gewaltdarstellungen und zum hunderttausendstenmal die nackte Frau als Objekt?

Die Aussage und Wirkung eines Kunstwerks liegen immer im Auge der Betrachtenden. Das Kunstwerk verselbstständigt sich, sowie es in der Welt ist. Das macht Kunst spannend und bewegend. Wenn jedoch eine Ausstellung bei Betrachtenden negative, bedrängende, sogar beängstigende Assoziationen weckt, wenn Bilder womöglich Themen wie Frauenfeindlichkeit und Gewaltdarstellung berühren, dann geht es um mehr als nur die lebendige Vielfalt der Perspektiven.

Die Kritiker*innen und Befürworter*innen der Ausstellung führten vielfältige Argumente ins Feld. Im Folgenden sollen die am häufigsten genannten beleuchtet werden.

Porno im Familiencafé?

Alle Unterzeichner*innen des offenen Briefes übten Kritik am Ausstellungsort. Ein Beispiel:

Was mich an der Ausstellung stört, ist allem voran der ORT. Jede öffentliche Hängung von
Bildern sexueller Praktiken in einem Café, das nicht als Ort für diese Themen ausgewiesen oder bekannt ist, wundert mich. Und führt mich zu der Frage, WARUM hängen sie dort?“

Viele Unterzeichner*innen bezogen ihre Ortskritik auch explizit auf die Besucher*innenstruktur des Café Pause:

Ich bin der Meinung, dass Fotos mit pornografischen Inhalten nicht in einer Gaststätte hängen sollten, die regelmäßig von Familien mit kleinen Kindern besucht wird.“

Wir unterschreiben diesen Brief, weil wir die im Café Pause aufgehängten Fotos an einem Ort,
in dem viele Kinder und Jugendliche rein- und rausgehen, nicht für angemessen halten.“

Auch ein anderer Punkt ist im Zusammenhang mit dem Ort wichtig: Anders als die Besucher*innen eines Museums oder einer Galerie, konnten die Besucher*innen des Cafés sich nicht aussuchen, ob sie mit Bildern, die bei ihnen möglicherweise ungute Assoziationen wecken, konfrontiert werden wollten oder nicht.

Gewaltdarstellung oder selbstbewusste Sexualität?

Was an den Fotografien hielten die Ausstellungskritiker*innen für „nicht angemessen“? Es war die, ihrer Wahrnehmung nach, dargestellte sexualisierte Gewalt. Gewalt gegen Frauen, die ästhetisiert, geschönt, hübsch gemacht wurde: Ein Topos, der sich seit Jahrhunderten in der künstlerischen Darstellung von Frauen wiederfindet und bis heute hält. Die Kritiker*innen mochten die Trennung von Kunst-Ästhetik und echter Gewalt nicht vornehmen:

Hiermit solidarisiere ich mich mit eurer Aktion, da tagtäglich Frauen Gewalterfahrungen erleben
und nicht auch noch mit Bildern in der Ausstellung belästigt werden müssen.“

Doch traf das auf die Bilder der Ausstellung „Die dunkle Seite“ wirklich zu? Befürworter*innen der Ausstellung verneinten das. Ihre Argumentation: Zu sehen seien auf den Bildern Formen von Sexualität oder sexuellen Fantasien, die dem BDSM-Spektrum zuzuordnen sind. (BDSM steht, in der eingedeutschten Kurzfassung, für Fesseln bzw. restriktive Praktiken, Dominanz und Unterwerfung, Sadismus und Masochismus.) Bei BDSM spielt Gewalt in den unterschiedlichsten Ausprägungen eine entscheidende Rolle.

Für die Befürworter*innen stellte diese gezeigte BDSM-Gewalt kein Problem dar, da es sich um einvernehmliche, gewollte, bewusste Gewalt handelt. Ihrer Meinung nach sahen wir auf den Bildern zwei Frauen, die einfach ihre gewählte Form der Sexualität stilisiert und ästhetisiert in Szene setzen.

Tatsächlich sind die fotografierten Frauen aus diesem Blickwinkel betrachtet keine (Gewalt-)Opfer.

Welche Rolle spielt der Entstehungskontext?

Doch vermochten die Kritiker*innen diesen speziellen Blickwinkel nicht einzunehmen. Einige, weil sie ihn tatsächlich nicht hatten, andere, weil sie ihn nicht übernehmen wollten. Und die Bilder selbst gaben keine Auskunft über ihren Entstehungskontext, sie zeigten nur. Und was sie zeigten, wurde von ganz unterschiedlichen Menschen zunächst tatsächlich eher als Formen von Misshandlung wahrgenommen. Es wurde gefragt: „Wird da ein Sexualverbrechen dargestellt?“ Oder: „Wurde die Frau, die nackt, zusammengekrümmt auf der riesigen Fläche des kalten, dreckigen Betonfußbodens liegt, vergewaltigt und dann liegengelassen?“ Dabei fühlte sich eine Person an die Stilmittel des sogenannten Heroin-Chics der Neunziger erinnert.

Auf derselben Ebene wurde ins Feld geführt, die beiden Fotomodelle hätten alles freiwillig gemacht, es sei ihr eigener Entschluss gewesen, sich so vor dem Fotografen und der Öffentlichkeit zu zeigen. Dass dem so war, hat (hoffentlich) niemand ernsthaft in Abrede gestellt. Doch, mal abgesehen davon, dass die Freiwilligkeit eine Selbstverständlichkeit sein sollte und keiner positiven Erwähnung bedarf, gilt auch hier: Die Bilder haben sie in den Augen der kritisch Betrachtenden nicht gezeigt.

Der Entstehungskontext eines Werkes ist für das, was es am Ende ausdrückt und das, was die Betrachtenden darin sehen, nachgeordnet. Wie zu Beginn gesagt: Das Kunstwerk verselbstständigt sich, sowie es in der Welt ist.

Empowerment oder sexistischer Blick?

Ein weiteres Argument der Ausstellungsverteidiger*innen lautete, es handle sich bei den Aufnahmen um eine stolze Selbstdarstellung im Sinne weiblichen Empowerments (engl. für Selbstbemächtigung, Ermächtigung, Eigenverantwortung). Auch hier gilt: Dass das für die beiden Frauen genau so war, hat (hoffentlich) niemand in Abrede gestellt. Es ist großartig, dass die Fotomodelle es für sich so empfunden haben – als einen befreienden, selbststärkenden Akt. Doch auch hier tauchte wieder das Problem auf: Die Kritiker*innen der Ausstellung vermochten die Selbstermächtigung in den Bildern nicht zu erkennen.

Es mag sein, dass die Bilder für die abgebildeten Frauen einen Akt des Empowerments darstellen,
dies wird jedoch für die Betrachtenden in diesem Rahmen nicht ersichtlich.“

Was sie hingegen erkannten, waren nackte weibliche Körper in passiven, erduldenden Haltungen – was als klassische Merkmale für einen sexistischen Blick auf Frauen gelesen werden kann:

Die Bilder zeigen Frauen in der Opferrolle. [ … ] Damit sind sie frauenfeindlich und sexistisch.“

Freiheit der Kunst?

Ein Aspekt, den beide Seiten für sich als Argument zu nutzen versuchten, war die im Grundgesetz verankerte Kunstfreiheit bzw. deren Grenzen. Ausstellungsbefürworter*innen sahen die Inhalte durch die Kunstfreiheit gedeckt und siedelten jene als das höhere Gut gegenüber allen anderen an. Ausstellungsgegner*innen hingegen beriefen sich auf die Einschränkung der Kunstfreiheit unter bestimmten Voraussetzungen:

Diese Bilder öffentlich auszuhängen ist nicht von der Kunstfreiheit gedeckt, da die Kunstfreiheit nur so weit geht, wie sie nicht die Menschenwürde verletzt. Diese ist im Artikel 1 des Grundgesetzes besonders geschützt.“

Doch sind die juristischen Positionen in diesem Fall wichtig und hilfreich? Eher nicht. Sie schieben sich im Zweifel bloß vor die inhaltliche Auseinandersetzung. Denn es ist doch so: Das, was rechtlich erlaubt ist, ist deshalb nicht automatisch gut und richtig und menschenfreundlich. Und um dieses Gespür geht es. Umgekehrt führt ein Verbot nicht unbedingt zu Sensibilisierung und Bewusstseinswandel, die ja erreicht werden sollen. Außerdem würde in unserem Fall ein Verbot indirekt auch bedeuten, dass Frauen kein Recht haben, sich so zu zeigen, wie sie es für richtig halten. Damit würde die Gesellschaft letztlich wieder einmal Frauen in ihre (sichtbare) Körperlichkeit hineinregieren.

Was hat das lachende Unterwäsche-Model mit der „dunklen Seite“ zu tun?

Weihnachten naht. Sicherlich wird uns demnächst an der Bushaltestelle wieder überlebensgroß ein Unterwäsche-Model mit viel Haut, ein wenig Spitze und perfekten Maßen anlachen. Das mag hübsch anzusehen sein und auch wirklich keine Gewaltdarstellung zeigen – ändert aber nichts daran, dass es sich dabei um eine sexistische Abbildung, die die Frau zum Objekt macht, handelt.

Wir begegnen hier Elementen der Fotoausstellung in unserem Alltag. Das kleine Kunst-Ereignis in der Honigfabrik verweist auf gesellschaftliche Themen „da draußen“. Deshalb ist es wichtig und, hoffentlich, erhellend, sich noch einmal mit dem Konflikt zu beschäftigen. An dieser Stelle können nicht alle dazugehörigen Themen behandelt werden. Es wurden fünf herausgegriffen.

Auf Äußerlichkeiten reduziert

An vielen Stellen in der Öffentlichkeit – in der Werbung, im Netz, auf Bildern, in Filmen – begegnen wir bildlichen Darstellungen, die Frauen nicht als vollständige Menschen zeigen, sondern reduziert – auf ihren Körper, auf ihr Aussehen oder auf bestimmte Aspekte ihres Äußeren, gerne auch in Verbindung mit Sexualität und Nacktheit. Im Großen und Ganzen spielen hierbei auch immer noch die Schönheitsideale „schlank“, „jugendlich“, „makellos“ eine wichtige Rolle.

Die Frau als Objekt

So dargestellt sind Frauen keine autonomen Subjekte, sondern werden zu Objekten, die in erster Linie durch ihre Körperlichkeit definiert sind. Sie werden zu Ausstellungsstücken, Werbemitteln, Kleiderständern und vor allem: Projektionsflächen. Denn ein Objekt hat keinen eigenen Willen. Es wird irgendwo zum Angucken hingestellt. Dann wird es bewertet und beträumt, benutzt und interpretiert. Dieser sexistische, zum Objekt machende Blick auf Frauen geschieht noch immer überproportional häufig in allen Formaten von Werbung und Reklame, im Film und eben auch in der bildenden Kunst. Demgegenüber sind Frauen, die durch ihre Entscheidung und ihr Tun etwa eine Filmhandlung maßgeblich voranbringen oder durch eine Handlung ein Produkt bewerben, viel seltener zu sehen.

Gewalt gegen Frauen in der Realität

Gerade wurde, am 25. November, wieder der „Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ begangen, auch auf Wilhelmsburg. Der Wilhelmsburger Ableger des Projekts „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“ hatte u. a. auf dem Stübenplatz, unweit der Honigfabrik, einen Aktions- und Infostand zum Thema aufgebaut. Erneut richtete dieser Tag den Fokus auf einen bestürzenden Befund: In unserer Gesellschaft nimmt die Gewalt gegen Frauen nicht ab. Trotz voranschreitender Emanzipation, Female Empowerment, #MeToo usw. bleibt Gewalt in allen möglichen Formen, die sich gegen Frauen richtet, auf konstant hohem Niveau. Das bedeutet: Gewalterfahrungen sind für viele Frauen weiterhin nichts anderes als leidvolle Realität. Angesichts dessen erscheint eine Debatte über das Konzept der Ästhetisierung und Hübschmachung von Gewalt mehr als nötig.

Wer spricht?

Ausstellungskritikerinnen, allen voran die beiden, die es gewagt hatten, laut zu werden, mussten im Zuge der Auseinandersetzung erleben, dass nicht ihre Inhalte und Argumente diskutiert und kritisiert wurden, sondern sie selbst. Von „hysterischer Mami“, „verklemmten Sozialarbeiterinnen“ und „ein paar Alt-Feministinnen, die den Anschluss verpasst haben“ war die Rede. Eine altbekannte Strategie: Mach ihre Inhalte lächerlich, indem du die Frauen lächerlich machst.
Das erinnert an die 80er-Jahre, als männliche Besitzstandswahrer mit Sprüchen wie„Die müssten doch bloß mal wieder ordentlich durchgef***t werden“ von den Feststellungen und Forderungen der erstarkenden Frauenbewegung abzulenken versuchten.

Heute gibt es auf andere Art die Tendenz, Aussagen nur im Zusammenhang mit der Person, die sie tätigt, zu diskutieren; beginnend damit, dass zunächst abgecheckt wird, ob die sprechende Person nach dem jeweiligen Kriterienkatalog der gesellschaftlichen Gruppe, der mensch sich zugehörig fühlt, überhaupt sprechberechtigt ist. Und wenn ja: Ob sie denn auch das „Richtige“ sagt, und in den „richtigen“ Worten. Es ist unendlich schwer, auf diese Weise überhaupt noch ins Gespräch – über Inhalte – zu kommen.

Die Nutzung des öffentlichen Raums

Wer bestimmt eigentlich, was in welcher Form in die Öffentlichkeit kommt – sei es gesprochen, geschrieben, gesungen, fotografiert, gemalt …? Wer gewährt die Freiheiten, wer verhängt Restriktionen? Vielleicht auch so: Wie können wir Rücksicht nehmen auf potenziell vulnerable gesellschaftliche Gruppen, ohne uns von vornherein mit Sprech-, Denk- und Zeigeverboten zu belegen? Es wird nie möglich sein, auf alle (individuellen) Empfindsamkeiten und Traumata Rücksicht zu nehmen. Eine solche Forderung ist absurd und lebensfremd. Aber vielleicht sollten wir auf lokaler, nachbarschaftlicher Ebene viel öfter das Gespräch darüber suchen, wie wir öffentliche Räume so nutzen können, dass jede*r sich so gut wie möglich darin aufhalten kann.

Konkret bedeutet das: Wer, wie die Stadtteil-Kultur-Institution Honigfabrik, das Café Pause und der Künstler, Kunstwerke mit gesellschaftspolitisch kontrovers zu lesenden Aussagen in den öffentlichen Raum stellt, muss mit Konflikten rechnen. Er*sie muss einen Rahmen schaffen, in dem diese konstruktiv und offen, ja, auch öffentlich, ausgetragen und, nach Möglichkeit, befriedet werden können.

Es bedeutet auch: In solchen Konflikten hat keine Seite Anspruch auf Unverhandelbarkeit („Die Bilder bleiben genau so hängen!“) und die hundertprozentige Erfüllung von Forderungen („Die Bilder abhängen!“). Einen Anspruch auf eine sachliche, intensive Debatte aber sehr wohl.

Schiefgelaufen. Und nu‘?

Eine öffentliche, moderierte Diskussionsveranstaltung wäre für beide Seiten so viel besser gewesen als die entstandene Mischung aus (persönlichen) Vorwürfen und Wegducken, Dorfklatsch und Beschweigen. Ein offenes Gespräch hätte vermutlich mehr Verständnis für die Gegenseite, Schärfung der eigenen Argumente und am Ende womöglich als Kompromiss eine Alternativ-Hängung der Fotos, mit der sich alle Beteiligten hätten arrangieren können, gebracht. Gerade hier im Viertel, wo wir viele Orte miteinander teilen und einander ständig begegnen, ist es so wichtig, konträre Meinungen gelten zu lassen bzw. vernünftig darüber zu reden. Das ist – diesmal – auf allen Seiten nicht gut gelungen. Machen wir es das nächste Mal besser. Die Themen bleiben.

8 Gedanken zu “Im Auge der Betrachtenden

  1. Hallo Frau Clausen, moin ans WIR-Team.

    Vielen Dank dür diesen ausführlichen Artikel. Das Thema Sexismus und der öffentliche wie persönliche Umgang damit darf weiterhin große Öffentlichkeit bekommen.

    Nach dem wiederholten Lesen des Textes kommen mir allerdings ein paar Fragen.

    – Die genannte Ausstellung zeigte 13 Fotografien von 11 verschiedenen Menschen. Auf welches Bild bezieht sich die Formulierung ‚BDSM-Handlung‘ und wieso gehen Sie nicht auf die anderen Bilder ein?

    – Woher nehmen Sie die Information, der unbekannte Künstler wollte provozieren?

    – Ich schließe mich der im Text gefragten Frage an, wer wohl entscheidet, was im öffentlichen Raum gezeigt werden darf. Aber ich erweitere die Frage: wer definiert, was öffentlicher Raum ist?

    – Wie kommen Sie auf den Ausstellungstitel ‚Die dunkle Seite‘? Ich bin mir sicher, meine Ausstellung sowohl auf den Flyern als auch auf dem im Café ausgehängten Infotext ‚dunkel – auch das bin ich‘ genannt zu haben.

    – Wie Sie korrekt und lobenswerterweise schrieben, kam keine vernünftige Diskussion zustande. Ich hätte auf die dringendsten Fragen sicher Antworten gehabt. Wieso waren die Kritiker nicht anwesend, als ich zur Finissage lud? Wieso bekam ich keinen Fragenkatalog an meine im Café veröffentlichte email-Adresse?

    Die Bilder haben emotionale Reaktionen hervorgerufen, damit ist der Offenheit der Modelle Dank zuteil geworden. Daher hat sich der Aufwand gelohnt.

    1. Hallo Armin,
      erst einmal danke für Deinen Mut, Dich persönlich zu melden.
      Ich habe zusammen mit Barbara den offenen Brief verfasst.
      Ich werde Deinen Leserbrief im Einzelnen durchgehen und beantworten.
      Armin: Die genannte Ausstellung zeigte 13 Fotografien von 11 verschiedenen Menschen.
      Auf welches Bild bezieht sich die Formulierung ‚BDSM-Handlung‘ und wieso gehen Sie nicht auf die anderen Bilder ein?“
      Roswitha Stein: Unsere Kritik bezieht sich auf die gesamte Ausstellung, auch wenn die Bildmotive sich z.T. unterscheiden. Das haben wir in unserem Brief deutlich gemacht und es wundert mich, dass Du es nicht so verstanden hast. Die Ausstellung als Ganzes war unpassend im Café Pause. Ich werde an dieser Stelle nicht anfangen einzelne Bilder zu besprechen. Dazu habe ich keine Zeit und es verwickelt die Diskussion in Einzelheiten, die nicht weiterführen.
      Armin: Woher nehmen Sie die Information, der unbekannte Künstler wollte provozieren?
      RS: Bitte lies dazu die Argumentation „Eigene Gedanken zum offenen Brief“.
      Das PDF ist im Artikel verlinkt. Ich möchte nicht alles wiederholen.
      Armin: Ich schließe mich der im Text gefragten Frage an, wer wohl entscheidet, was im öffentlichen Raum gezeigt werden darf. Aber ich erweitere die Frage: wer definiert, was öffentlicher Raum ist?
      RS: Das ist ein rethorische Frage, mit der du – in meinen Augen – der eigentlichen Auseinandersetzung aus dem Weg gehst. Bitte lies dazu nochmal unseren öffentlichen Brief und die entsprechende Textpassage im Artikel.
      Armin: Wie Sie korrekt und lobenswerterweise schrieben, kam keine vernünftige Diskussion zustande. Ich hätte auf die dringendsten Fragen sicher Antworten gehabt.
      RS: Die Anmerkung im Artikel bezieht sich auf eine Diskussion im größeren Rahmen, z.B. mit AnwohnerInnen und Leuten aus der Honigfabrik.
      Ich habe mit Stefan zweimal geredet. Einmal vor und einmal nach der Vernissage. Stefan war es, der mich informierte hatte, dass Du auf der Vernissage anwesend bist. Deshalb habe ich an dem Tag extra früh Feierabend gemacht, um mit Dir reden zu können.
      Wir beiden haben während der Ausstellungseröffnung lange Zeit diskutiert.
      Dabei habe ich mein Missfallen über Inhalt und Ort der Ausstellung deutlich gemacht und begründet. Du tatest erstaunt über meine Kritik und betontest, dass Du so etwas noch nicht gehört hättest, in Bezug auf deine Ausstellung. Verblüfft erfuhr ich später von einer Freundin, dass sie mit Dir eine sehr ähnliche Diskussion vor mir auf der Vernissage geführt hatte. Eine andere hatte mittags spontan angefangen Bilder abzuhängen. Ich wundere mich deshalb, dass Du jetzt so tust, als hätte niemand mit Dir geredet und die Kritik wäre Dir gänzlich neu.
      Armin: Wieso waren die Kritiker nicht anwesend, als ich zur Finissage lud?
      RS: Ich sah keinen Anlass, die ergebnislose Diskussion der Eröffnung zu wiederholen.

      Armin: Wieso bekam ich keinen Fragenkatalog an meine im Café veröffentlichte Email-Adresse?
      RS: Unser Hauptansprechpartner war der Pächter des Cafés, weil er für die Räume verantwortlich ist.
      Das Du nichts ändern wolltest, hattest Du in unserer Diskussion bereits gesagt.
      Armin: Die Bilder haben emotionale Reaktionen hervorgerufen, damit ist der Offenheit der Modelle Dank zuteil geworden. Daher hat sich der Aufwand gelohnt.
      RS: Das verstehe ich nicht. Wolltest Du vielleicht doch provozieren? Sonst wäre es Dir ja vielleicht wichtig wahrzunehmen, dass es keine positiven Reaktionen waren. Da kann ich keinen Dank erkennen.
      Mit vielen Grüße
      Roswitha Stein

      1. Hallo und moin Roswitha,
        danke für Deine Reaktionen auf meinen Kommentar zum Artikel.
        Die Inhalte des offenen Briefes sind mir bekannt. So sehr ich auch mit einzelnen Formulierungen nicht übereinstimme, ist der Geist des Briefes doch wertvoller Debattenbeitrag.

        Mein obiger Kommentar bezog sich allerdings nicht auf den offenen Brief, sondern speziell auf den Artikel im Inselrundblick, unter dem er steht. Somit wäre die Autorin die passende Person, mir darauf zu antworten.

        1. Hallo Armin,
          wie in jedem guten Medium gilt bei uns die Regel: Leser*innenbriefe/Kommentare werden von der Redaktion/den Autor*innen nicht kommentiert/beantwortet. WIR lassen die Meinungen unserer Leser*innen/der an Geschehnissen Beteiligten stehen; unabhängig davon, wie missverstanden WIR uns vielleicht fühlen oder wie „falsch“ oder „richtig“ WIR die geäußerten Ansichten finden, und so lange sie sich auf dem Boden des presserechtlich und grundgesetzlich Legitimierten bewegen. Ist dies nicht der Fall, veröffentlichen WIR Kommentare nicht.
          Manchmal, wenn WIR anhand der eingehenden Kommentare zu einem Thema merken, dass eine Geschichte ganz neue Fragen aufwirft, noch nicht fertig berichtet ist oder offensichtlicher Diskussions- oder Erklärungsbedarf zu einem Themenkomplex besteht, greifen WIR das ganze Thema mit neuen Recherchen etc. noch einmal redaktionell auf.
          Freundliche Grüße Sigrun Clausen

          1. Danke Sigrun für Deine prompte Antwort.
            Ich verstehe den Codex und respektiere, daß Du ihn achtest.
            Somit bleibe ich als Leser und sich völlig falsch verstandener Fotograf der besprochenen Ausstellung enttäuscht zurück. Der Artikel war insgesamt gut gemeint, bildet jedoch die Ausstellung sehr einseitig ab.
            Armin

  2. Danke, Sigrun, für den ausgezeichneten Artikel.
    Wichtig erscheint mir als eine der Verfasserinnen des Offenen Briefes Folgendes: Wir haben absolut nicht gegen diese sexuelle Praxis (SM), nur gegen diese Art der Darstellung im (halb)-öffentlichen Raum.
    „Verklemmte Muttis“ haha, wer hat das gesagt?
    Gerne mir direkt ins Gesicht sagen, wenn er-sie sich traut und Cochones hat.
    Interessant war auch, dass etliche Menschen aus „Angst vor der HOFA“ sich leider nicht getraut haben, den Offenen Brie zu unterschreiben: Das kann ich nicht belegen, das wurde mir nur gesagt, und wenn es so ist, gibt es weitere Baustellen.
    Interessant finde ich auch folgenden Aspekt: Überall wird von kultursensibelen Verhalten und Darstellungen gesprochen. Was natürlich im diversen Wilhelmsburg eine besondere Relevanz hat. Ist es wirklich „kultursensibel“, so eine Ausstellung im Cafe Pause zu zeigen? Wohl eher nicht.
    B.

    1. Barbara und Roswitha,

      ICH BIN SO BEI EUCH UND AUCH STOLZ, SO TOLLE, TAFFE UND COOLE FRAUEN KENNGELERNT ZU HABEN!!!
      Stehe sehr mit euch und denke GENAU SO!!!
      Besonders der Aspekt, dass Familien mit ihren Kindern dort verweilen und auch andere Menschen aller möglichen Herkunft mit verschiedenen Werten und Lebensgeschichten.
      Wirklich schade, was aus der sehr berechtigten Kritik gemacht wurde (wozu???).
      Aber froh bin ich, dass du, liebe Barbara, dich sowieso nicht „runterziehen“ lässt!

      Herzliche Grüße von Dilek

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Sigrun Clausen

Wenn sie nicht am Nachbarschreibtisch in ihrer Schreibstube arbeitet oder in der Natur herumlungert, sitzt sie meist am Inselrundblick. Von ihm kann sie genauso wenig lassen wie von Wilhelmsburg.

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