Seit mehr als 30 Jahren wird am 8. April der Internationale Sinti:zze und Rom:nja Tag gefeiert. Dieses Jahr wurde die historische Vergangenheit und die gegenwärtige Situation mit einem zweitägigen Veranstaltungswochenende bedacht und an sie erinnert
Los ging es freitagnachmittags am 8. April 2022 mit einer großen Parade vom Wilhelmsburger Platz auf der Veddel bis zum Stübenplatz in Wilhelmsburg. Es fanden viele Kundgebungen statt und vorab wurden im Café Nova die passenden Plakate und Banner gestaltet. Die Veranstaltungen waren eine Verbindung von Kultur, Tradition aber auch viel politischer Arbeit. Viele Redner:innen trugen traditionelle Trachten, repräsentierten stolz die eigene Kultur. Initiiert wurde das Programm vom Verein Romani Kafava Wilhelmsburg, einem Anlaufort und einer offenen Beratungsstelle für Rom:nja und Sinti:zze. Das Programm wurde jedoch auch von vielen Redner:innen und Aktivist:innen unterstützt.
Zeitgleich gab es eine Ausstellung zum Thema „Roma & Sinti-Geschichte und Antiziganismus” im ReBBZ in der Zeidlerstraße. Passend zum Wetter überdacht, sodass man sich in Ruhe die vielen Banner anschauen konnte.
Am Sonnabend, 9. April, ging es los mit einem vollen Programm zu unterschiedlichen Themen, welche die Sinti:zze und Rom:nja Gemeinde betreffen. In verschiedenen Workshops wurde zu Rassismus und Diskriminierung aufgeklärt, die besondere Form des Antiziganismus erklärt und auch, welche Stereotypen und Stigmatisierungen noch immer vorherrschen. Die kostenlosen Workshops behandelten dabei verschiedene Themen. Wissensvermittlung zu bestimmten Rechtslagen, wie Wohn- und Bleiberecht, aber auch Vernetzungsgruppen oder Tanzaktionen für Kinder waren Teil des Programms. Aktuelle Ereignisse, wie der Ukraine-Krieg und die schutzsuchenden Rom:nja aus den Kriegsgebieten waren dabei natürlich auch ein Gesprächsthema. Der Hashtag #ukraineromalivesmatter war auch auf einigen Bannern zu erkennen.
Der Abend wurde nach so viel inhaltlichem Input dann doch ganz ausgelassen beendet. Bei Musik, Tanz und Essen war nun Zeit für Austausch und Gespräche.
Der Welttag der Sinti:zze und Rom:nja erfreut sich jedes Jahr mehr Beachtung und öffentlicher Präsenz. Die lange Historie der Ausgrenzung, Vertreibung und Verfolgung, welche den tragischen Höhepunkt zu Zeiten der Herrschaft der Nationalsozialisten fand, darf nicht länger verschwiegen werden. Denn erst im Jahre 1971 wurde der erste Welt-Roma Kongress in London durchgeführt. Seitdem wird an diesem Tag, dem 8. April, dieser Tag zelebriert.
Kurzer Exkurs zur richtigen Benennung
Roma und Sinti sind die freigewählten Selbstbezeichnungen der Minderheiten. Wobei diese als kollektive Überbegriffe gelten, da es innerhalb der Minderheiten eine Vielzahl an Gruppen gibt, die wiederum eine andere Selbstbezeichnung bevorzugen. Die Formen Sinti:zze und Rom:nja sind eine noch umfassendere Bezeichnung, um nicht nur die männliche Form zu verwenden. Der ältere und vielleicht noch immer bekannteste Begriff, wie das „Zi.“-Wort sind als Fremdbezeichnung eine Form der Diskriminierung, kann jedoch als Selbstbezeichnung von Einzelpersonen und Kollektiven genutzt werden.
Es ist noch immer ein weiter Weg, bis Diskriminierungen und Rassismus nicht mehr zum Alltag gehören. Der Roma-Action Day hat jedenfalls einen großen Beitrag geleistet, dass das Thema auf den Elbinseln nicht länger im Abseits verschwindet und auch innerhalb der Community das Gemeinschaftsgefühl nochmal gestärkt. Gemeinsam gegen das Vergessen der Geschichte und gemeinsam für das Gestalten einer Zukunft.
Die Worte einer Redner:in fassten die Situation treffend zusammen: „Ich habe noch nie so viel Solidarität wie hier in Wilhelmsburg und auf der Veddel gesehen.“ Wenn das kein positives Zeichen für die Zukunft ist.