Keiner will die Elbtowerruine kaufen. Die Frist für die Verhandlung mit dem einzigen Interessenten wurde jetzt verlängert

Eigentlich sollte der umstrittene Elbtower als neues Hamburger Wahrzeichen Ende dieses Jahres eröffnet werden. Es kam anders, Investor Benko sitzt inzwischen im Knast, die Bauarbeiten wurden vor anderthalb Jahren eingestellt und der Insolvenzverwalter bemüht sich bisher vergeblich, einen Käufer für die Ruine zu finden. Einziger Interessent war zuletzt die Becken Development GmbH. Mit ihr war eine Frist bis zum 30. April vereinbart, in der sie sich entscheiden musste. Danach hätte der Hamburger Senat das Rückkaufsrecht am Grundstück. Aber Investor Becken gab laut Pressemeldungen „ Probleme bei der Akquisition von Eigenkapital und Mietern“ an, und die Frist wurde drei Tage vor Ablauf auf unbestimmte Zeit verlängert – „um den Zeitraum, der für die Fortsetzung und einen möglichen Abschluss der Verhandlungen zwischen den Parteien erforderlich ist“. Genauere Angaben gibt es nicht, weil „strenge Vertraulichkeit“ vereinbart wurde.
Der Ankermieter
Als Voraussetzung dafür, dass der Deal überhaupt klappen könnte, geistert immer das Hamburger Naturkundemuseum als „Ankermieter“ für mehrere Etagen durch die Medien. Die Anmietung oder der Kauf eines Teils des Towers für dieses Museum wäre ein Trick, mit dem der Bürgermeister seine kategorische Absage an jedwede finanzielle Beteiligung der Stadt an dem privaten Pleiteunternehmen umgehen könnte, um mit Steuergeldern das „Wahrzeichen“ auf Teufel komm raus doch noch zu retten.
Gegen die Ansiedlung des Naturkundemuseums spricht allerdings noch etwas anderes. Der „Skandal-Wolkenkratzer“ ist dafür nicht gebaut. Das Museum brauchte ganz andere Raumzuschnitte und Deckenhöhen als ein Hotel. Und in der Presse werden die tonnenschweren Walskelette der Naturkundesammlung angeführt, die ein Problem für die Statik des Gebäudes sein könnten.
Überschreitung der Alarmwerte

Anfang April sorgte das Amt für Bauordnung und Hochbau für Schlagzeilen. Das Amt hatte bei Messungen „Mitnahmesetzungen“ der Ruine festgestellt, die „Grenz- und Alarmwerte“ überschritten. Das heißt, das Gebäude senkt sich in den Boden und die Senkungen gefährden die benachbarten Bahnanlagen, der S- und Fernbahn. Erst wenn die „Setzungsfolgen“ durch geeignete Kompensationsmaßnahmen beseitigt worden seien, so der Bescheid des Amtes an den Insolvenzverwalter, dürfe weitergebaut werden.
Auf die Gefahr solcher Setzungen und der Auswirkungen auf das Bahngelände hat die Deutsche Bahn bereits vor Baubeginn hingewiesen. Und in einer NDR-Meldung werden ausdrücklich die Walskelette erwähnt, die gegebenenfalls das Problem mit den Mitnahmesetzungen noch vergrößern könnten.
Touristenattraktion?
Auch der WIR hatte bei Überlegungen, wie es mit der Elbtowerruine weitergehen könnte, bereits in der Dezemberausgabe 2023 die Mitnahmesetzung als eine Möglichkeit vorausgesehen – allerdings als Chance. Denn ein 100 Meter hohes Gebäude, das sich auf dem weichen Marschboden zur Seite neigt, könnte ja nach dem Vorbild von Pisa als „schiefe Ruine“ von Hamburg zu einer Touristenattraktion werden.
Und wenn sich durch die genannten „Setzungsfolgen“ demnächst die benachbarten Bahnanlagen und die Station Elbbrücken zum Elbtower hinneigten, käme noch die „Schiefe S3″ hinzu und Hamburg hätte endgültig ein touristisches Alleinstellungsmerkmal.
Nicht zuletzt könnte das Ensemble in der Zukunft ja vielleicht auch als Mahnmal taugen, zum Gedenken an eine vergangene neoliberale Epoche, in der der Hamburger Senat bedeutende Teile der Stadtentwicklung in die Hände von reichen Betrügern und Steuerflüchtlingen gegeben hat und von Investoren, die buchstäblich über Leichen gehen.