Ohne sie läuft (fast) nichts

Das Buch „Ehrenamtlich im Hafenmuseum“ ist keine dröge Chronik sondern die lebendige, reich bebilderte Geschichte von 30 Jahren praktischer Arbeit und Engagement

Viee Menschen an tischen in der Museumshalle
Ehrenamtlich im Hafenmuseum. Das neue Buch wird vorgestellt. Foto: H. Kahle

Gut 50 Mitglieder des Vereins Hafenkultur hatten sich am 8. April 2025 im Schuppen 50A zur Vorstellung des gerade erschienenen Buches „Ehrenamtlich im Hafenmuseum“ versammelt. Das Buch ist auch eine etwas verspätete Jubiläumsschrift. Es sollte eigentlich schon 2023 zum 30. Jubiläum des Vereins fertig sein. Nach der Begrüßung vom Vereinsvorsitzenden Holger Mahler berichteten Achim Quaas und Uwe Doleschel, Autoren vieler Artikel des Bandes, über die Geschichte der ehrenamtlichen Arbeit. Achim Quaas hat im Museum der Arbeit in den 80er-Jahren die Hafenabteilung aufgebaut und war langjähriger Leiter des Hafenmuseums. Ausgangspunkt für die Gründung des Vereins, so Quaas, sei damals die Idee von Hafengewerkschaftern und Betriebsräten gewesen, nach dem Übergang zur Container-Ära das kulturelle Erbe von Hafenarbeit und Schifffahrt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die ehrenamtlichen Hafenfachleute hätten mit ihren Erfahrungen und ihren Verbindungen einen zentralen Beitrag zur Entwicklung des Museums geleistet. „Ohne sie läuft (fast) nichts“, heißt es selbstbewusst auf der Homepage des Vereins Hafenkultur.

Die Geschichte aus Sicht der Beschäftigten

Der Buchdeckel mit Großfoto vom Schuppem 50A, darunter zwei kleine Fotos mit Ehrenamtlichen bei der Arbeit
Keine dröge Chronik

In den zwölf Kapiteln des Buches, ergänzt mit vielen Fotos und historischen Dokumenten, wird dieser zentrale Beitrag der Ehrenamtlichen sehr anschaulich dargestellt.
Im Eingangskapitel wird die Entstehung als Hafenabteilung des Museums der Arbeit geschildert, mit dem besonderen Konzept zur „Geschichte aus der Sicht der abhängig Beschäftigten“. Es wird über den Erwerb der ersten Großobjekte wie der Kastenschute H11347 und des Schwimm-Dampfkrans SAATSEE berichtet und über die viele Arbeit die es machte, die alten Objekte betriebsfähig zu halten und den Besucher*innen vorzuführen. Es geht in dem Kapitel auch um die Zusammenarbeit zwischen Ehrenamtlichen und den hauptamtlichen Mitarbeiter*innen und die Einbeziehung von Studierenden. Das war nicht immer konfliktfrei. Und es wird abschießend über die Bewilligung von 120 (jetzt 185) Millionen Euro durch den Bundestag für ein „Deutsches Hafenmuseum“ mit einem erweiterten Konzept und den Großsegler PEKING berichtet und über die Entscheidung für die zwei Standorte hier im Hansahafen und auf dem Grasbrook (WIR 1/18).

In mehreren Kapiteln werden Ehrenamtliche vorgestellt, so der ehemalige Schiffbauer Klaus Schlichting, der schon in den 80er-Jahren bei der Renovierung der CAP SAN DIEGO dabei war und heute den Schwimmkran SAATSEE betreut. Oder die Crew der Barkasse FRIEDA EHLERS. Fachleute aus unterschiedlichen Berufen, die das alte Schiff am Leben halten und zur Zeit wegen Undichtigkeiten an den Zylindern Sorge um die Maschine haben.

Die Kaffeeklappe

Ein Extrakapitel gilt der Kaffeeklappe. Beim Einzug des Museums in den Schuppen 50A wurden am Eingang des Gebäudes die Reste einer Kaffeeklappe vorgefunden. Sie wurde restauriert und erwies sich im Laufe der Jahre als Erfolgsgeschichte.
Die mit dem ehrenamtlichen Betrieb der Kaffeeklappe erwirtschafteten Gewinne kamen dem Museum zugute. So konnten mehrfach Beträge von über 10.000 Euro für Anschaffungen übergeben werden. Die Corona-Pandemie 2020 bedeutete dann einen Einschnitt. Auch fehlte der kleiner werden Senioren-Gruppe der Nachwuchs. Im letzten Jahr löste sich der Kaffeeklappenverein auf, verbunden mit einer Kritik an der mangenden Unterstützung durch das Museum. Seitdem ist die Kaffeeklappe geschlossen. Auf dem Museumsvorplatz steht ein Kaffeewagen, aber der hat mit der historischen Einrichtung nichts zu tun.

Die Heizerin

Graphik eines Schildes mit der Aufschrift: Die Wartung des Kessels darf nur zuverlässigen, gut ausgebildeten männlichen Personen über 18 Jahren übertragen werden
Nur männliche Personen. Ein solches Schild ist am Eingang zum Maschinenraum des Krans befestigt. Grafik: H. Kahle

Eine kleine literarische Perle findet sich auch in dem Band. Lisa Mandelartz las bei der Buchvorstellung aus ihrem Beitrag „Mitmachen macht Spaß“ vor. Sie arbeitet seit über acht Jahren als zertifizierte Heizerin ehrenamtlich auf dem Schwimm-Dampfkran SAATSEE und erzählt die umwerfend tragikomische Geschichte, wie sie von Besucher*innen ständig gefragt wird: „Wie sind Sie denn als Frau dazu gekommen, das hier zu machen?“, anstatt sich für die Maschine zu interessieren, deren Betrieb sie ihnen vorführen möchte. Für die Geschichte erhielt Lisa Mandelartz 2005 den Lise-Meitner-Literaturpreis der TU Wien.

„… dass das einmalige Museumsprofil erhalten bleibt.“

Mehrere Ehrenamtliche und auch Achim Quaas beschwören in ihren Beiträgen die ursprüngliche Idee eines Hafenmuseums der Arbeit, für das sie sich jahrelang engagiert haben. Sie äußern die Befürchtung, dass die Entwicklung, die sie selbst mit angestoßen haben, sich mit dem Museumsbau auf dem Grasbrook und der PEKING davor in Richtung auf ein „maritimes Disneyland“ bewegen könnte. Das hatten alle Beteiligten im Schuppen 50A zu Beginn der Planung kategorisch ausgeschlossen. „Es wäre zu wünschen“, schreibt Achim Quaas, „dass dieses besondere, einmalige Museumsprofil erhalten bleibt.“

Gegenwärtig warten sie auf die vor sechs Jahren beschlossene und finanzierte Ertüchtigung des Schuppens 50A, damit es weitergehen kann. Im vergangenen November wurdne nach einer Kritik des Bundesrechnungshofes an den unkalkulierbaren Kosten für die Museumsbauten in der Presse der Standort Grasbrook und das Museum überhaupt infrage gestellt. Die Museumsleitung hält sich bedeckt.

Uwe Doleschel, Achim Quaas, Ehrenamtlich im Hafenmuseum, Edition Falkenberg, 269 Seiten, 19,90 Euro





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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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