Für Weißstorch und Schafstall bedeutet die Deichrückverlegung das Aus
Liesel Amelingmeyer/Michael Hubertus, Quartiersvertreter:innen Moorwerder/Goetjensort, Beirat für Stadtteilentwicklung Wilhelmsburg. Die Machbarkeitsstudie des Landesbetriebes Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) zur Maßnahme mit der Vorzugs-Deichbauvariante 3 aus dem Jahr 2017 liest sich wie eine Planung aus der Satellitenperspektive. Die Rückverlegung als Ausgleichsmaßnahme für die Deicherhöhung setzt sich darüber hinweg, dass es sich bei großen Teilen des Gebietes um ein offiziell geschütztes Biotop (als Ausgleich für IBA-Baumaßnahmen) handelt. Der Fachbegriff dafür lautet „Überplanung“ und bedeutet schlicht und einfach, ein Naturreservat mit dem einzigen Weißstorch auf Wilhelmsburg würde „plattgemacht“, um andere naturschutzrechtliche Kompensationsverpflichtungen zu erfüllen.
Es fand bisher keine öffentliche Veranstaltung in Wilhelmsburg zu dieser Maßnahme und ihrem Planungsstand statt.
Ein Planfeststellungsverfahren gibt es bisher nicht. Gleichwohl soll die Stadt Hamburg mit ihrem Landesbetrieb bereits Aufträge für die Umsetzung der Maßnahme in 2019 vergeben haben.
Nach bisherigem Kenntnisstand wurde nur der Sielverband Moorwerder von sich aus aktiv und forderte bereits 2018 Kompensation für den drohenden Verlust von Flächen und damit einhergehenden Einnahmen-Verlust aus Pachtverträgen. Aber was ist mit den direkten Anwohner:innen des Planungsgebietes im Wilhelmsburger Osten, wie in der Ringdeichsiedlung am Einlagedeich?
Warum überhaupt eine weitere Deichrückverlegung auf der Elbinsel? Und das an einer Stelle, wo Menschen und vorhandene Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen gleichermaßen gefährdet sind?
Wilhelmsburg hat mit der benachbarten Deichrückverlegung Kreetsand bereits seinen Beitrag geleistet. Die einseitige, rein elbökologische Betrachtungsweise der Verantwortlichen aus Behörden und Verbänden, verknüpft mit der Maßnahme, im Stromspaltungsgebiet der Elbinsel eine weitere Deichrückverlegung vorzunehmen, ist vollkommen unverständlich. In Anbetracht des vorhandenen ausgewiesenen Biotops am Ellerholz konterkariert sie eine bereits stattgefundene ökologische Entwicklung des Gebietes im Einklang zwischen Mensch, Tier und Natur. Begründet wird das Vorhaben mit dem Ausgleich für Hochwasserschutz. Der Machbarkeitsstudie (S. 128) ist allerdings folgendes zu entnehmen: „Das Aufwertungspotential durch eine Deichrückverlegung übersteigt, je nach Variante, deutlich den Ausgleichsbedarf für den Hochwasserschutz.“ Wäre sie von daher gar entbehrlich?
Zusammenfassend kollidiert die Deichrückverlegung Ellerholz u.a mit:
- einem bereits ausgewiesenen Biotop mit Weißstorchbrutplatz
- den vorhandenen Siedlungsstrukturen und deren Verkehrserschließung
- dem Schafstall, der eine hohe Bedeutung für die Deichpflege im Stadtteil hat. Er würde der Maßnahme zum Opfer fallen
- der außerordentlich großen Rolle des Wilhelmsburgen Ostens für die Naherholung des gesamten Stadtteils – durch die lange Bauzeit
- dem fehlenden Lokalbezug. Die Helikopterperspektive, die Politik, Behörden und Verbände hier einnehmen, zeugt von Unterschlagung, Negierung und Ignoranz der örtlichen Gegebenheiten.