Am 10. März 2022 war es wieder so weit: Beim jährlichen Treffen wurden Erinnerungen ausgetauscht
Seit drei Jahren begleiten WIR das jährliche Treffen des Abgangsjahrgangs 1950 der Schule Rahmwerder Straße. Der Schulabgang ist nun 72 Jahre her und es waren leider nur vier Herren gekommen. Es leben zwar noch mehr, aber viele mögen nicht mehr aus dem Haus. Einer kam am 10. März aus dem Krankenhaus und wollte eigentlich noch dabei sein. Der Arztbrief war wohl nicht rechtzeitig fertig.
Die Herren trafen sich im Kupferkrug zum Mittagessen. Viele Erinnerungen wurden ausgetauscht.
Da waren die schlimmen Erlebnisse aus der Kindheit. In der Ballinstadt waren russische Kriegsgefangene untergebracht, die in der Ziegelei arbeiten mussten. Von sogenannten „Kettenhunden“ bewacht. Die Männer hatten Hunger und mussten mit ansehen, wie sich die Bewacher bei Bäcker Meier Backwaren kauften.
Um etwas zu Essen zu bekommen, boten die Gefangenen im Tausch kleine Schnitzereien ein.
Die Kinder sammelten Bombensplitter und tauschten sie gegenseitig.
Und als sie dann älter waren und ausgehen konnten, da ging es abends noch zu Weber, wo es leckere Karbonade gab. Gummistiefel gab es bei Gosewinkel auf der Veddel, in Oma Mettes Lokal wurde gefeiert und zum Tanzen ging es zu Schnack. Das sind nur einige Namen der vielen, vielen Geschäfte, die es früher in Georgswerder und auf der Veddel gab.
Natürlich wurde auch wieder an Lehrer Brumm erinnert. Obwohl er mit dem Schlüsselbund geworfen, mit dem Geigenbogen gehauen und die Ohren rum gedreht hat – alle waren sich einig, dass sie bei ihm viel gelernt hätten.
Nach der Schule machten sie eine Lehre
Nach dem Schulabgang lernten alle ein Handwerk; Maurer, Tischler, Schmied. Peter Backhausen, der besonders gut rechnen konnte, ist später als Kapitän zur See gefahren. Lothar Langbehn, Stukkateurmeister, ist mit 86 Jahren immer noch in der Jury für die Gesellenprüfung aktiv. Er ist sogar von der Jugendbauhütte Lübeck gebeten worden, mit Jugendlichen das Lübecker Wappen als Geschenk für den Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther zu gestalten. Die Herren würden sich wünschen, dass auch heutzutage mehr junge Leute ein Handwerk erlernen würden. Sie haben ihre Berufswahl nie bereut.
WIR wünschen den Herren, dass sie sich im nächsten Jahr bei bester Gesundheit wieder treffen können, wie sie es sich zum Abschied vorgenommen haben.