Fluchthilfe für Ukrainer:innen: Was Menschen aus Wilhelmsburg besser sein lässt als Konzerne

Ende März berichteten verschiedene Medien darüber, dass der Fleischkonzern Tönnies Geflüchteten aus der Ukraine den Transport nach Deutschland anbot – wenn diese im Gegenzug einen Arbeitsvertrag bei Tönnies unterschrieben.* Dass man Menschen auch einfach so helfen kann, zeigt ein Beispiel aus Wilhelmsburg

Das Auto wird in Wilhelmsburg mit den gesammelten Hilfsgütern beladen. Foto: privat

Tea Cekic hat zusammen mit einem Freund, Jerome Strauch, eine Rettungsaktion für Menschen, die aus der Ukraine flüchten mussten, organisiert. „Wer die Fähigkeit hat, etwas zu tun, sollte auch etwas tun“, sagt Jerome. Und die Erkenntnis, dass er die Fähigkeit habe, möglicherweise Leben zu retten, kam ihm, als er von einer Firma für Autovermietung erfuhr, die ihre Autos kostenlos für den Transport von Hilfsgütern in die Ukraine zur Verfügung stellte. Selbstverständlich konnten auf dem Rückweg auch Menschen aus der Ukraine mitgenommen werden. Die weitere Aktion sei dann „ein Selbstgänger geworden“: Viele andere Menschen hätten Lust gehabt zu helfen und so habe auch Tea begonnen, Andere über Social Media auf die Aktion aufmerksam zu machen – und habe in ihrer kleinen Wohnung in Wilhelmsburg eben auch Spenden angenommen. Als die beiden erfuhren, dass das Kontingent kostenloser Autofahrten der Autovermietung zur polnisch-ukrainischen Grenze bereits aufgebraucht war, bot sich ein weiterer hilfsbereiter Mensch an, mit Jerome in seinem Privatwagen zu fahren. Das Angebot der Autovermietung brauchten die beiden nun nicht mehr: Sie konnten Hilfsgüter an die ukrainische Grenze liefern und holten von dort flüchtende Menschen ab.

Hilfe von behördlicher Seite haben Tea, Jerome und ihre Freund:innen nicht erhalten. Alle Unterstützung für ihre Hilfsaktion kam aus dem privaten Bereich. Das müsste anders sein, finden sie. Ohnehin gebe es viele Themen, zu denen sich Länder wie Deutschland anders verhalten müssten, beispielsweise beim Klimawandel. Doch wenigstens werde Deutschland nun genötigt, sich um die ukrainischen Kriegsflüchtlinge zu kümmern, wenn diese hier angekommen sind, merkt Jerome an. „Bei den Menschen aus der Ukraine gibt es die Möglichkeit zu helfen, an der bosnischen Grenze geht es nicht,“ meint Tea. „Mensch ist Mensch, ob das ein Ukrainer oder eine Ukrainerin ist oder nicht. Auch das sollte man nicht vergessen“. Und dabei bleibt ihre Befürchtung: „Wer weiß, wann Europa auch zu ukrainischen Geflüchteten ,Stopp‘ sagt?“

Jerome und Tea eint das Gefühl, helfen zu wollen und etwas erreichen zu können. So beendet Tea unser Gespräch: „Lass mal machen, von Gelaber passiert nichts.“

Sechs Menschen sind dank ihrer Aktion aus der Ukraine nach Deutschland gelangt. Und es kam Einiges an sinnvollen Sachspenden zusammen, die an der polnisch-ukrainischen Grenze dankend angenommen wurden. Spenden, die nicht für die ukrainischen Geflüchteten gebraucht werden, sollen übrigens zu Flüchtlingen gebracht werden, die an anderen EU-Außengrenzen ausharren, so wie die Menschen aus Syrien und Afghanistan, die jetzt zum Beispiel an der bosnischen Grenze feststecken.

Sechs Menschen wurde ohne Bedingungen die Fahrt in ein Leben ohne Krieg ermöglicht. Menschen aus Wilhelmsburg, Menschen aus unserer Nähe, Menschen wie wir alle, haben geholfen, während Konzerne wie Tönnies aus der Notlage Geflüchteter und anderer nicht-deutscher Arbeiter:innen sogar noch Profit schlagen wollen.

* https://taz.de/Toennies-wirbt-ukrainische-Gefluechtete-an/!5845384/?msclkid=3ab17c74b8f311eca1633e845f47fe8d
oder
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/toennies-fluechtlinge-ukraine-101.html?msclkid=3ab149e4b8f311eca96e5af33450ba6a

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