Kreetsand – mal überflutet und dann wieder Sandbänke

Durch Rückdeichung ist auf Wilhelmsburg an der Norderelbe ein wertvolles Süßwasserwatt entstanden

Im Hintergrund ein Getreidefeldmit Büschen, davor eine Sandfläche. Im Vordergrund zwei Männer, in der Mitte eine Frau vor einem Holzzaun mit Krötenschutz.
Umweltsenator Jens Kerstan, Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard und Friedrich Stuhrmann, CCO HPA.
Foto: M. Groß

Am 2. Juni 2023 lud die Hamburg Port Authority (HPA) zum Abschluss der Herstellung des neuen Tidegebietes Kreetsand ein. Wirtschaftssenatorin Dr. Melanie Leonhard und Umweltsenator Jens Kerstan lobten die Maßnahme als gut für die Wirtschaft und gut für den Umweltschutz. Friedrich Stuhrmann, Chief Commercial Officer der HPA, wies auf die wertvollen Erfahrungen für die zukünftige Entwicklung der Tideelbe hin.

Auf Wilhelmsburg wurde schon Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts heftig über eine Deichrückverlegung diskutiert. Ein Mediationsverfahren sollte die Gemüter beruhigen. Um die Ängste vor einem neuen Deich auszuräumen, wurde der alte Deich noch lange stehen gelassen. Über die Sinnhaftigkeit einer Deichrückverlegung schrieb Ulla Ottilie, später verheiratete Falke (1937-2008), bereits im Februar 1995 einen Artikel (s. WIR 2/1995, Seite 4). Seitdem haben WIR immer wieder über den Fortgang bzw. langen Stillstand der Arbeiten berichtet. Zuerst sollte das Flachwassergebiet ein Ausgleich für die Vorlandverluste der vorletzten Deicherhöhungen Ende des 20. Jahrhunderts sein. Im Rahmen der Planungen für die weitere Elbvertiefung wurde es plötzlich Ausgleichsmaßnahme für deren ökologische Eingriffe. Diese doppelte Inanspruchnahme als Ausgleichsfläche merkte das Bundesverwaltungsgericht und ließ sie nicht durchgehen. Später haperte es bei den Verkäufen des zum Teil wenig belasteten Sandes, der unter der schwer belasteten Oberfläche des ehemaligen Spülfeldes gefunden wurde.

Neues Verbreitungsgebiet für den Schierlingswasserfenchel, den es nur an der Tideelbe gibt

Teil eines Schierlingswasserfenchels. Grüne Blätter ähnlich Möhrenblättern und weiße Doldenblüten.
Schierlingswasserfenchel. Foto: Stiftung Lebensraum Elbe

Aber, wie sagte Jens Kerstan am 2. Juni: „Was lange währt wird endlich gut!“ Er lobte den zusätzlichen Flutraum und die neuen Flachwasserzonen, die wichtig für die Elbfische, Amphibien und Vögel seien. Das Gebiet erhöhe den Sauerstoffgehalt in der Elbe und würde dem Fischsterben entgegen wirken. Auch der Schierlingswasserfenchel (der spielte in der Diskussion und dem Rechtsstreit um die weitere Elbvertiefung eine Rolle), oft bezeichnet als „Panda der Unterelbe“ fände hier ein gutes Auskommen. Melanie Leonhard begrüßte den Nutzen von Kreetsand für Wirtschaft und Umweltschutz. Die Maßnahme sei vor mehr als zehn Jahren geplant worden und erhöhe die Schiffbarkeit der Elbe. Der Sedimenteintrag in den Hafen sinke durch den verringerten Tidenhub (tidal pumping). Friedrich Stuhrmann fand, dass es nun nach der langen Zeit ein großer Erfolg sei.

Die Umweltverbände fordern mehr Maßnahmen für die Rettung der Elbe

Links und rechts Büsche, In der linken Hälfte Sandfläche, in der Mitte rechts überflutetes Gebiet. Dahinter ein Streifen Auwald. Im Vordergrund ein Wassergraben.
Das neue Flachwassergebiet Kreetsand. Foto: M. Groß

Für die im Aktionsbündnis Lebendige Tideelbe zusammengeschlossenen Verbände BUND, NABU und WWF ist das Projekt allerdings ein Spiegel der defizitären Umweltpolitik des Hamburger Senates. Dort heißt es: „Der Prozess hat ewig gedauert (es sollte bereits 2015 fertig sein) und soll ein Potpourri an Schäden ausgleichen. Diese sind in der Zwischenzeit so gewaltig gewachsen, dass die Maßnahme nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein ist … Das Ökosystem Tideelbe bräuchte äußerst dringend großflächige Naturschutzmaßnahmen: Nicht nur der Hafen verschlickt, sondern auch die ökologisch wertvollen Flachwasserzonen in den Seitenbereichen der Elbe gehen zunehmend durch Verlandung verloren. … Während die Fahrrinne und die Hafenbecken permanent ausgebaggert werden, legt sich der Schlick wie ein Leichentuch dauerhaft über die ökologisch wertvollen Bereiche.“

Die Verbände wünschen sich den gleichen Einsatz für die Rettung der Elbe wie er für die Zugänglichkeit des Hafens aufgewendet wird.

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Marianne Groß

... ist Gründungsmitglied des Wilhelmsburger InselRundblicks e. V. Sie berichtet – soweit möglich – über alles, was sie selbst interessiert und hofft, damit die Leser*innen nicht zu langweilen. Dazu gehören die Veränderungen im Stadtteil, Ökologie und Kultur. Zusammen mit ihrem Mann kümmert sie sich um den großen Garten und liebt es, Buchsbäume zu schneiden.

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