100.000 Euro für Kirchdorf-Süd

Anfang März 2023 werden 200 Geflüchtete aus der Ukraine in die Notunterkunft am Karl-Arnold-Ring einziehen. Die Sozialbehörde hat aus dem Förderprogramm Soziale Integrationsnetzwerke (SIN) 100.000 Euro für weitere Sozialberatungsstellen bewilligt. Davon soll auch Kirchdorf-Süd profitieren

Die „Tiny Houses“ auf Rädern sind schon da. Auf dem ehemaligen Schulgelände am Karl-Arnold-Ring 11 stehen seit Anfang Februar 50 Wohnwagen aus Dänemark. Sie sind für jeweils vier Personen eingerichtet, mit Kochfeld und Sanitärbereich. Auf der Anlage für 200 Geflüchtete gibt es außerdem ein Gemeinschaftszelt, zwei zusätzliche Sanitäranhänger, zwei „Vaskevogn“ mit Waschmaschinen, einen Verwaltungscontainer und mobile WLAN-Router. Ab Anfang März ziehen Geflüchtete aus der Ukraine ein. Betrieben wird die Unterkunft im Auftrag von „Fördern & Wohnen“ vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Nach maximal einem Jahr wird die Anlage geschlossen und wieder abgebaut. So der Plan.

Kirchdorfer Einrichtungen waren in die Planung nicht einbezogen

Ein weißer Container auf Rädern mit der großen schwarzen Aufschrift. „Vaskevogn"
Zwei Anhänger mit Waschmaschinen.
Foto: H. Kahle

Die sozialen Einrichtungen in Kirchdorf-Süd wurden Ende letzten Jahres von der Nachricht über die Planung der Notunterkunft überrascht. Sie waren in die Planung nicht einbezogen worden (siehe auch WIR 12/22). Daran gab es Kritik. Es wurde unter anderem angemahnt, dass man aus diesem Anlass bei aller guten Kirchdorfer Willkommenskultur auch die gestiegenen Bedarfe der Anwohner:innen nach Unterstützung und sozialer Beratung diskutieren müsse. Die Probleme seien im letzten Jahr noch größer geworden. Die sozialen Einrichtungen in Kirchdorf-Süd kämen dem Beratungsbedarf kaum nach.

Vor diesem Hintergrund lud das Bezirksamt Hamburg-Mitte am 18. Januar zu einer Informationsveranstaltung in der Schule Stübenhofer Weg ein. 50 Interessierte, vor allem aus sozialen Einrichtungen in Kirchdorf-Süd, folgten der Einladung. Vertreter:innen der mit der Flüchtlingsunterbringung befassten Behörden erläuterten anhand einer Powerpoint-Präsentation noch einmal die Entwicklung der Flüchtlingszahlen in Hamburg seit Beginn des Krieges in der Ukraine und die Kriterien für die Einrichtung neuer Unterkünfte. Herr Melchert, Leiter der Stabsstelle Flüchtlinge, räumte ein, dass der Bezirk Mitte wieder besonders betroffen sei. Mit der Einrichtung neuer Standorte sei man auch bestrebt, Unterkünfte in Sporthallen zu ersetzen. So werde die Sporthalle Dratelnstraße Ende Januar wieder frei. Ein ASB-Vertreter stellte die Anlage vor. Die Unterbringung in Wohnwagen sei gewählt worden, weil im Unterschied zu 2015 die Unterkunft vor allem für Mütter mit Kindern vorgesehen sei, die so einen geschlossenen Familienbereich für sich haben.

Unterkunft vor allem für Mütter mit Kindern

Die stellvertretende Amtsleiterin der Schulbehörde, Frau Danke, erläuterte die Versorgung der Kinder und Jugendlichen. Es würden zirka 40 schulpflichtige Kinder erwartet. Sie erhielten Kita-Gutscheine. Das Kita-Personal solle gegebenenfalls aufgestockt werden, besondere Fachkräfte z. B. für Traumabewältigung seien nicht vorgesehen. Frau Danke hob außerdem die große Integrationsleistung der Wilhelmsburger Schulen in den letzten Jahren hervor. Laut einer Drucksache des Bezirksamts werden Beschulungsangebote in internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) für die 3. und 4. Klassen sowie in Regelklassen für die Jahrgänge 1 und 2, insbesondere in den Schulen Rotenhäuser Damm und der Stadtteilschule Wilhelmsburg, vorgehalten.

Die Kritik ist angekommen

Auch die Fachamtsleiterin Sozialraum-Management, Petra Lill, erinnerte an die vielfältige Unterstützung der Geflüchteten 2015, unter anderem durch Schulen und das Freizeithaus, und an die Gründung von „Die Insel Hilft“. Und sie erwähnte die oben angeführte Kritik der Kirchdorfer Einrichtungen und die Forderung, nicht nur eine Beratungsstelle für die zeitlich befristete Notunterkunft einzurichten, sondern auch die Sozialberatung für die Bewohner:innen von Kirchdorf-Süd dauerhaft zu stärken. Auch auf der Veranstaltung wurde diese Kritik von mehreren Teilnehmer:innen geäußert, unter anderem am Beispiel der medizinischen Unterversorgung. In der Unterkunft soll es es für die Geflüchteten eine medizinische Basisversorgung durch das DRK geben. Für die „Regelversorgung“ werden sie an die örtlichen Ärzt:innen verwiesen. Es gebe aber nur zwei Arztpraxen in Kirchdorf-Süd. Und das sei schon für die Anwohner:innen viel zu wenig. Dass die Unzufriedenheit der Kirchdorfer:innen bei ihnen angekommen sei und die Behörden um den sozialen Frieden in Sorge wären, zeigte sich im Schlusswort von Frau Danke und Herrn Melchert. Sie seien überrascht und freuten sich, dass die Diskussion so sachlich und konstruktiv verlaufen sei und die Kritik sich nicht gegen die Notunterkunft am Karl-Arnold-Ring richte.

100.000 Euro für Kirchdorf-Süd

Anfang Februar teilten die Fraktionen der Deutschland-Koalition (SPD, CDU, FDP) im Bezirk Mitte in einer Presseerklärung mit, sie habe „ … in Anbetracht der Entscheidung, im Karl-Arnold-Ring eine Geflüchtetenunterkunft einzurichten … die Möglichkeit genutzt und sich für 100.000 Euro an zusätzlichen Mitteln eingesetzt, die der Sozialberatung in Kirchdorf-Süd zugutekommen.“ Und mit Bezug auf die Kritik aus dem Stadtteil heißt es weiter: „Bei den steigenden Lebensmittel- und Energiepreisen sind viele auf staatliche Entlastungsmaßnahmen angewiesen. Gleichzeitig benötigen viele Anwohnende Unterstützung bei der Frage, was Ihnen zusteht und wie sie es beantragen können. Die Sozialberatung für Erwachsene in Kirchdorf-Süd ist zurzeit besonders gefragt und der Beratungsbedarf wesentlich höher als das Angebot.“

Bei den sozialen Einrichtungen in Kirchdorf-Süd ist die Reaktion auf die 100.000 Euro-Ankündigung gemischt. Die Beratungsstellen sollen beim Verein „Die Insel Hilft“ und beim „Sozialkontor im Treffpunkt Kirchdorf-Süd“ angesiedelt werden. Es muss geklärt werden, wie viele ganze oder halbe Stellen aus den zur Verfügung stehenden Mitteln eingerichtet werden können und wie groß der Nutzen im Verhältnis zum zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Einrichtung dieser Stellen ist. Denn sie sind bisher wie die Notunterkunft für nur ein Jahr befristet. Länger kommen sie Kirchdorf Süd nicht „zugute“.

Ein Gedanke zu “100.000 Euro für Kirchdorf-Süd

  1. Werden denn Wärmepumpen dort eingebaut ? Die Gas- und Ölheizungen wolken die Grünen mit Habeck an der Spitze ja ab kommendem Jahr verbieten.

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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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