Kann die kritische Installation am Kriegerdenkmal an der Emmauskirche jetzt vollendet werden? Neue Informationen machen Hoffnung

Von der seit mehreren Jahren dauernden Auseinandersetzung zwischen der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg & Hafen und den Behörden über das umstrittene Kriegerdenkmal an der Emmauskirche und seine „kritische Kommentierung“ hat der WIR regelmäßig berichtet. Kern der Differenzen ist die in dem Projekt vorgesehene Linie über die Fahrbahn als optische Verbindung zu den gegenüberliegenden Stolpersteinen der Familie Leipelt – als Konfrontation der militaristischen Botschaft des Denkmals mit den Opfern dieser Gesinnung (WIR 21.11.24).
Zwei Elemente der kritischen Installation konnten in den letzten Jahren realisiert werden. Im April 2023 wurde das Denkmal in Richtung der Leipelt-Stolpersteine gedreht. Im Juli 2024 wurde das Wort „DENKEN“ mit verschiedenen Vorsilben auf dem Gehweg aufgebracht, um zum „NACHDENKEN“ anzuregen. Dazu wurde eine erklärende Tafel installiert.
Das Kernelement der Installation, die verbindende Linie über die Straße, wurde von Bezirksamt und Polizei bisher mit unterschiedlichen Verweisen auf die Straßenverkehrsordnung abgelehnt. Eine solche Linie beeinflusse die „Sicherheit und Leichtigkeit“ des Verkehrs.
Die Einwände der Behörden

Foto: H. Kahle
Das Künstler*innenduo Vera Drebusch und Reto Buser hat die Installation entworfen und setzt sie im Auftrag der Reiherstieggemeinde und der Wilhelmsburger Geschichtswerkstatt um. In einem Interview, das Vera Drebusch Anfang des Jahres dem Bürger*innensender TIDE.tv gab, berichtete sie über den aktuellen Stand der behördlichen Einwände: Genehmigt, so das Bezirksamt, werde höchstens eine kurze Pflasterlinie auf dem Gehweg. Die nicht genehmigungsfähige Linie über die Straße würde zudem eine dreitägige Vollsperrung der Fahrbahn erfordern, die eine zusätzliche Extragenehmigung voraussetze.
Außerdem erzählte Vera Drebusch in dem Interview von einer weiteren Posse um die Installation. Das Künstler*innenduo hatte für die Fläche um das Kriegerdenkmal ein kleines Nutzgärtchen vorgesehen, das von den Kindern der angrenzenden Emmaus-Kita betreut und genutzt werden sollte – als ein Element des lebendigen Umgangs mit der Installation. Dies wollte das dafür zuständige Denkmalschutzamt bisher auf keinen Fall. Eine solche Bepflanzung (mit Tomaten und Radieschen) habe eine negative Auswirkung auf das Denkmal. Zur Zeit verwahrlost die Fläche und wächst langsam wieder zu.
Neueste Informationen machen Hoffnung
In den letzten Wochen scheint nun etwas Bewegung in die Angelegenheit gekommen zu sein. Oliver Menk von der Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg berichtet, dass sich der neue Leiter des zuständigen Polizeikommissariats 44 in der strittigen Frage offen zeige und zu einem Gespräch kommen wolle. Das PK 44 hatte als ein „Kronzeuge“ für das Bezirksamt jegliche Beschriftung aus „straßenverkehrsbehördlicher Sicht“ kategorisch abgelehnt. Und auch Vera Drebusch hat eine gute Nachricht. Die neue zuständige Mitarbeiterin im Denkmalschutzamt sei für die Idee des Nutzgärtchens wohl aufgeschlossener.
Am 48h-Wochenende findet am 15. Juni wieder ein Stolpersteinrundgang statt. Vielleicht gibt es da ja schon Neues über die Gespräche zu berichten.
Die Sondernutzung
Allerdings: Selbst wenn die kritische Installation endlich vollendet werden kann, bleibt sie nach der Vorstellung der Behörden eine genehmigte „Sondernutzung“ des öffentlichen Raums. Das heißt, alles muss nach fünf Jahren wieder entfernt werden. Die Behörden betrachten die Installation eher als Event und nicht, wie die Künstler*innen, die Geschichtswerkstatt und die Reiherstieg-Kirchengemeinde als dauerhaftes antimilitaristisches Mahnmal.
Das ganze Interview mit Vera Drebusch von TIDE.tv gibt es hier.