Das „Spreehafenviertel“ im neuen Hamburger Koalitionsvertrag – Stellungnahme der Waldretter*innen Wilhelmsburg

SPD und Grüne halten laut dem neuen Koalitionsvertrag an den Großbauvorhaben im Wilhelmsburger Norden fest. Auch am „Spreehafenviertel“. Gegenüber dem alten Koalitionsvertrag werden die Vorhaben nun sogar priorisiert: „Die entsprechenden Bebauungspläne werden zügig vorangetrieben“, heißt es auf Seite 50 des Koalitionsvertrags.
Wir sind darüber entsetzt. Entsetzt, dass die Stadt Hamburg in Zeiten von Klimawandel und Artensterben ihre Pläne zur Rodung eines wilden Stadtwaldes sogar forciert. Das ist ein schwerer Rückschlag für den Naturschutz auf den Hamburger Elbinseln.
Die Zerstörung der gut zehn Hektar wertvollen Pionierwaldes auf der waldarmen Elbinsel Wilhelmsburg widerspricht allen umweltpolitischen Notwendigkeiten. Gerade natürlich gewachsene Waldflächen wie die am Ernst-August-Kanal kühlen das Klima und speichern Niederschläge, was in den von Hitzeperioden und Starkregen-Ereignissen besonders stark betroffenen Städten von größtem Wert ist.
Die Aussage im neuen Koalitionsvertrag, die entsprechenden Bebauungspläne zügig vorantreiben zu wollen, stellt geradezu eine Kehrtwende dar. Denn tatsächlich hatte sich in den vergangenen zwölf Monaten in Politik und Verwaltung die Tendenz abgezeichnet, zumindest das Bauvorhaben „Spreehafenviertel“ noch einmal sehr kritisch zu überprüfen. Die Grünen hatten sich schlussendlich für den Erhalt des Wilden Waldes und gegen das „Spreehafenviertel“ ausgesprochen und das in ihrem Regierungsprogramm ab 2025 „Gute Gründe für Grün“ eindeutig formuliert: „Wir unterstützen die Forderung nach einem vollständigen Erhalt des Pionierwaldes in Wilhelmsburg“, heißt es dort auf Seite 14.
Jetzt kommt im Koalitionsvertrag der Begriff „Wald“ nicht einmal mehr vor. Es geht dort um „Stadtentwicklungsgebiete“. Das „Spreehafenviertel“ wird dabei zu den Projekten gezählt, die „auf der Fläche der ehemaligen Wilhelmsburger Reichsstraße entstehen“. Damit wird die schlimme Wahrheit, dass ein wertvoller Wald gerodet und somit eine Freifläche versiegelt werden soll, einfach unterschlagen. Die Nichtanerkennung des Gebiets als Wald in diesem Koalitionsvertrag ist ein Symbol der Negierung aller Lernprozesse der vergangenen Jahre, wie sie vor Ort sogar Verwaltung, IBA und Politik durchlaufen haben.
Das „Spreehafenviertel“ tatsächlich zu bauen, würde bedeuten, dass der Hamburger Senat weiterhin Erkenntnisse zur modernen, klimaresilienten Stadtplanung und auch den eigenen Klimaplan missachtet.
Die Unbelehrbarkeit der SPD ist frustrierend. Der Wortbruch der Grünen schlimm. Am schlimmsten aber ist, dass mit der neuen Senatskoalition womöglich zehn Hektar einmalige, kostbare Natur, zehn Hektar Klimaschutz, zehn Hektar Erholungs- und Rückzugsraum für die Menschen auf Wilhelmsburg verloren gehen.
Doch wir geben nicht auf. Auf Wilhelmsburg hat sich ein breites Bündnis aus Quartiers- und Stadtteilbeiräten, Schulen, Naturschutzverbänden, Klima- und Umweltgruppen gebildet, die alle für den Erhalt des Wilden Waldes einstehen. Dazu gehören auch die Linke im Bezirk HH-Mitte und die Wilhelmsburger Grünen. Letztere haben sich bereits klar von dem Passus im neuen Koalitionsvertrag distanziert und sich bewusst an unsere Seite gestellt. Wir werden weiterhin kraftvoll und kreativ für den einmaligen Pionierwald auf unserer Elbinsel kämpfen. Der Wilde Wald ist noch lange nicht verloren.