Stadt Hamburg lehnt alle Vergleichsvorschläge für die Fährstraße 115 ab
Seit drei Jahren kämpfen die Bewohner*innen des Hausprojekts in der Fährstraße 115 vor Gericht darum, das gelbe Gründerzeitgebäude gegenüber dem Reiherstiegdeich kaufen zu dürfen. Nicht der aktuelle Besitzer, sondern die Stadt stellt sich quer. Denn sie behauptet, das Grundstück für den Hochwasserschutz zu brauchen und will dafür ihr Vorkaufsrecht nutzen. Die Mieter*innen bezweifeln das (WIR 19.7.23).
Im Sommer letzten Jahres schlug das Gericht vor, den Prozess auszusetzen, um sich außergerichtlich zu einigen. Da auch die Stadt dem Vorschlag zugestimmt hat, war die „115″ guter Dinge, sich gütlich mit ihr einigen zu können. „Wir haben dann zunächst versucht, mit mehreren Vertreter*innen der Stadt das Gespräch für Verhandlungen zu suchen, was von allen mit Verweis auf den laufenden Gerichtsprozess abgelehnt wurde – obwohl die Gespräche ja quasi gerichtlich angeordnet wurden”, schreibt sie in einer Pressemitteilung, mit der sie sich nun erneut an die Öffentlichkeit gewandt hat.
Daraufhin ist das Wohnprojekt im September an den Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen, LIG (als städtische Vertretung im Gerichtsverfahren) mit einer schriftlichen Verhandlungsgrundlage für einen Vergleich herangetreten. Der LIG hat den Vorschlag allerdings ohne weitere Gespräche abgelehnt und selbst keinen Gegenvorschlag eingebracht. Im November dann schlug das Gericht selbst eine Einigung vor. „Diese sah vor, dass wir unser Haus zunächst kaufen und die Stadt dieses dann bei reellem Bedarf für den Hochwasserschutz zu einem späteren Zeitpunkt gegebenenfalls erwerben könne”, sagt eine*r der Hausbewohner*innen.
Stadt lässt alle Versuche, einen Vergleich zu erzielen, ins Leere laufen
Die 16 Bewohner*innen signalisierten dem Gericht ihr Einverständnis, auf dieser Grundlage und unter Vermittlung des Gerichts, außergerichtliche Verhandlungen mit der Stadt aufzunehmen, um die Details zu klären. Doch nun gab es erneut schlechte Nachrichten: Die Stadt hat auch diesen Vorschlag des Gerichts abgelehnt, ohne selbst Alternativen vorzubringen. Begründet hat sie das weder gegenüber dem Gericht oder den Mieter*innen noch gegenüber der nachfragenen Presse (MOPO, 12.1.24).
“Aus unserer Sicht hat sich bestätigt, dass es aktuell tatsächlich keine Pläne gibt, nach denen unser Haus dem Hochwasserschutz weichen müsste und hier der Versuch stattfindet, Flächen auf Vorrat ohne Rücksicht auf Wohnrechte, soziale Aspekte und die prekäre Situation am Hamburger Wohnungsmarkt zu berücksichtigen”, schreibt die Initiative. Die Stadt habe außerdem gezeigt, dass sie weder Willen zur Einigung habe noch ein Interesse daran, eine sozialverträgliche Lösung zu finden und ernsthaft den Erhalt von Wohn- und Kulturraum mit dem Hochwasserschutz zu vereinbaren. Der LIG behauptet, er habe das Projekt bei der Suche nach Alternativobjekten intensiv unterstützt. „Das ist schlichtweg eine falsche Behauptung”, entgegnen die Bewohner*innen, lediglich sei ihnen vorgeschlagen worden, sich auf eine viel zu teure Baufläche zu bewerben.
Nun soll das Gericht entscheiden. Währenddessen zeigt sich das Wohnprojekt auf Facebook kämpferisch: „Wenn die Stadt kein Interesse hat, eine sozialverträgliche Lösung zu finden, finden wir eine – vor Gericht und auf der Straße!” Der WIR bleibt dran.