Geheimpläne für den Tower

Über die Zukunft der Elbtower-Ruine wird im Senat auf geheimen Sitzungen beraten. Die Vorstellungen darüber, was aus dem Pleite-Projekt werden soll, scheinen weit auseinander zu gehen

Der ehemalige Leiter des Bezirks Mitte, Markus Schreiber, hatte mit dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Kienscherf 2022 um vier Kisten Wein gewettet, dass der windige Elbtower-Investor Benko in spätestens zwei Jahren pleite gehen und der umstrittene Elbtower dann als halbfertige Ruine das Stadtbild verschandeln würde. Er hat die Wette gewonnen.

Seit mehr als sechs Wochen ruhen die Bauarbeiten an Hamburgs Vorzeige-Wolkenkratzer an den Elbbrücken (WIR 15.11.23). Die Verhandlungen über die Zukunft des Gebäudes finden weitgehend in geheimen Sitzungen statt. Dem WIR liegen jetzt Protokolle dieser Zusammenkünfte vor, aus denen die unterschiedlichen, zum Teil kontroversen Pläne für den Tower hervorgehen. Die Echtheit dieser Protokolle lässt sich nicht unabhängig überprüfen. Die darin enthaltenen Aussagen der einzelnen Personen erscheinen aber plausibel und nachvollziehbar.

Die Pläne lassen sich grob in drei Gruppen einteilen: Ein Teil der Verantwortlichen und einzelner Personen des öffentlichen Lebens möchte den Elbtower, wie ursprünglich vorgesehen, bis zur Höhe von 245 Metern fertig bauen. Eine zweite Gruppe möchte den Bau in der jetzigen Höhe belassen und mit geringem Aufwand nutzbar machen. Eine dritte Gruppe hat weiterreichende bedenkenswerte, aber auch bedenkliche Vorstellungen. Wir dokumentieren im Folgenden die einzelnen Vorschläge und veranschaulichen sie mit Visualisierungen.

… fertig bauen

Peter Tschentscher (Bürgermeister): „Der Elbtower sollte unbedingt fertig gebaut werden. Vielleicht könnte man noch mehr für die Nachhaltigkeit des Gebäudes tun, auch um die Akzeptanz bei den Hamburgerinnen und Hamburgern zu erhöhen.” (Abb.1)
Olaf, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte: „Der Elbtower wird ein neues Wahrzeichen für Hamburg werden. Ich verstehe auch die Kritik an Herrn Benko nicht. Er ist ein risikobereiter Unternehmer und war sogar Tiroler des Jahres.” (Abb. 2)
Klaus-Michael Kühne (Unternehmer): „Ein Wolkenkratzer ist einer Weltstadt nicht würdig. Eine Metropole wie Hamburg braucht mindestens drei so hohe Gebäude. Es sollte am Geld nicht scheitern.” (Abb. 3)

…in der jetzigen Höhe belassen

Franz-Josef Höing (Oberbaudirektor): „Hamburg hat in diesem Bereich einen matschigen Untergrund. Vermutlich wird sich das Gebäude in absehbarer Zeit etwas neigen. Dann hätten wir nach dem Vorbild von Pisa eine weitere Touristenattraktion.” (Abb. 4) Markus Schreiber (Abgeordneter): „Man sollte das unvollendete Gebäude so lassen. Besser kann es nicht werden. Vielleicht kann man mit kleinen baulichen Veränderungen noch den Charakter dieses unseligen Projekts betonen.” (Abb. 5)
Michael Batz (Lichtkünstler): „Man braucht die Ruine nur blau zu beleuchten. Das ist zwar nicht ganz billig, aber sie würde sich dann gut in den Blue Port einfügen.” (Abb. 6).

…weiterreichende Vorstellungen

Boris Pistorius (Verteidigungsminister): „Der 100 Meter hohe Rohbau ist eine Chance. Deutschland muss kriegstüchtig werden und das schließt den Bau von Flaktürmen mit ein. Das Gebäude bietet sich geradezu an, es ließe sich mit geringem Aufwand umrüsten.” (Abb. 7)
Heike Sudmann (DIE LINKE): „Über kurz oder lang werden sich in Hamburg bestimmt Menschen finden, die die Ruine nutzen können. Da bin ich ganz optimistisch.” (Abb. 8)
Kirsten Fehrs (Bischöfin): “Der Turmbau zu Babel sollte uns Mahnung sein. Man sollte den halbfertigen Wolkenkratzer abreißen und vielleicht als Mahnmal an der Stelle einen ganz kleinen Turm aufstellen.” (Abb. 9)

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

Alle Beiträge ansehen von Hermann Kahle →