Sie war seit Beginn des Dioxinskandals um den Müllberg (1983) über dreißig Jahre die heimliche Bürgermeisterin von Georgswerder und hat viel für die Stadtteilentwicklung getan. Vor ein paar Jahren zog sie mit ihrem Mann Horst nach Buchholz
Ohne sie gäbe es die Schule Rahmwerder Straße nicht mehr! 2008 verkündete die Schulbehörde das endgültige AUS für diese Zweigstelle der Elbinselschule. Da wurde Helga aktiv. Sie schaltete die Kulturbehörde ein, um das Gebäude unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Die Schule war während der Flutkatastrophe 1962 Zentrale für die Rettungskräfte, von wo aus der damalige Hamburger Innensenator Helmut Schmidt die Hilfsaktionen koordinierte. Sie ist immer noch Fluchtburg. Auf Helgas schriftliche Bitte unterstützte Altbundeskanzler Schmidt den Erhalt der Schule mit einem freundlichen Brief. Helga bezweifelte die Angabe der Schulbehörde, dass „die Eichenpfähle morsch seien“. Sie forderte ein neues Gutachten das ergab, dass die Pfähle durchaus tragfähig waren. Dennoch antwortete der Senat im Mai 2009 auf eine Anfrage der SPD, dass nach einer fachgutachterlichen Bauwerksuntersuchung der Schule Rahmwerder Straße entschieden wurde, die Sanierung des Altbaus nicht weiterzuverfolgen (…). Aber der Arbeitskreis Georgswerder gab nicht auf. Das Ergebnis eines Mediationsverfahrens: Im Juli 2009 gab die damalige Schulsenatorin Christa Goetsch (GAL) bekannt „Die Schule bleibt!“- Und sie steht immer noch! Auf Grund der gestiegenen und mit Fertigstellung des Quartiers Kirchenwiese weiter steigenden Schüler*innenzahlen wird sie sogar erweitert. In das alte Schulgebäude zieht der Verein Künstlerhaus Georgswerder wieder ein.
Mit dem Dioxinskandal um den Müllberg hat alles begonnen
Vor dem Kampf um das alte Schulgebäude setzte sich Helga aber schon ein Vierteljahrhundert für Georgswerder ein. 1983 las sie im Abendblatt „Gefährlicher Müllberg: Seveso-Gift in Hamburg“. Sie war 1981 mit ihrem Mann Horst in das neue Haus am Niedergeorgswerder Deich gezogen, direkt unterhalb des Müllbergs. Sie erkannte sofort die Brisanz dieser Nachricht und suchte sich Mitstreiter*innen, die sich 1986 zum Arbeitskreis betroffener Bürger*innen zusammenschlossen. Sie erreichten eine aufwändige Sanierung der Deponie. Mitte 1994 gründete sich die Gruppe Arbeitskreis Georgswerder und begleitete konstruktiv die Entwicklung des Quartiers. Bei der Fachtagung Deponie Georgswerder war Helga beratendes Jurymitglied.
Bei der Zukunftskonferenz Wilhelmsburg von Mai 2001 bis Januar 2002 leitete Helga die AG 4 Wohnen. Es ging um die Frage, wie sich der Wohnstandort Wilhelmsburg bis zur Internationalen Bauausstellung (IBA) 2006 bis 2013 und darüber hinaus entwickeln könnte. Alle Ergebnisse wurden in dem Weissbuch festgehalten. Während der IBA beteiligte sich Helga dann konstruktiv an den Planungsprozessen. Das sogenannte Zukunftsbild Georgswerder 2025 wurde auf den Weg gebracht. Während eines Stadtteilrundgangs 2013 mit Metin Hakverdi (seit 2013 ist der Wilhelmsburger Mitglied des deutschen Bundestages) erklärte Helga: „So etwas wie eine Nachfolgeorganisation der IBA, eine Art Entwicklungsgesellschaft wäre gut“. Das hat sich mit der IBA GmbH erfüllt und die Kirchenwiese wird auch bebaut. Aktuell hat in Georgswerder eine Bäckerei und ein Eiscafé eröffnet.
Ein Gedenkort an die Flutkatastrophe 1962
Zum 50. Jahrestag der Flutkatastrophe 1962 setzte Helga einen lang gehegten Gedanken um. Sie sammelte viel Geld und schuf in dem alten Schulgebäude Rahmwerder Straße eine Dauergedenkstätte für die 47 Opfer aus Georgswerder, die 1962 ertrunken sind. Die Namen der Opfer sind in eine Tafel aus hellem Marmor eingemeißelt. Viele historische Fotografien an den Wänden erinnern an die damalige Zeit.
Eine Straße nach Helga Schors benennen
Für all dieses ehrenamtliche Engagement erhielt Helga 2013 die Ehrennadel der Elbinsel (WIR 3/13). Damals nahm sie sich vor, kürzer zu treten. Sie wollte mehr ihren Hobbies nachgehen: Reisen, Lesen, Malen. Sie gab den Vorsitz des Arbeitskreises Georgswerder ab. Vor ein paar Jahren zog sie mit ihrem Mann nach Buchholz in der Nordheide.
Michael Rothschuh vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg berichtet über Helga: „Was mich beeindruckt hat, waren Helgas klare Zielsetzung, insbesondere für Georgswerder, und ihr Geschick, dafür auch Mehrheiten zu gewinnen. Sie war so etwas wie eine heimliche Bürgermeisterin des Stadtteils. Um die Zukunft hat sie sich verdient gemacht.“ Die Koordinierungsrunde von Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg hat in der vorigen Sitzung vorgeschlagen, in dem neuen Quartier Kirchenwiese eine Straße nach Helga Schors zu benennen oder sogar die Schule, um die sie sich so verdient gemacht hat.
Ein Baum soll an Helga Schors erinnern
Helga wurde im engsten Familienkreis in Eutin beerdigt, wo ihre Tochter Julia mit ihrem Mann und den drei Kindern wohnt – so, wie sie es sich gewünscht hat. Helga wird als fröhlicher, durchsetzungsstarker Mensch und Motor der Entwicklung von Georgswerder in Erinnerung bleiben. Ab jetzt kann man beim Kupferkrug Niedergeorgswerder Deich eine Spende für Helgas Gedenken hinterlegen. Die Angehörigen und Freund*innen wollen für sie einen Baum pflanzen mit einer Gedenktafel. Der Pflanzort soll am 20. Juni beschlossen werden. Kai Schlatermund wird als Spende die fachgerechte Pflanzung übernehmen, Ehrensache.
Dies ist ein wirklich toller und liebevoll geschriebener Artikel über meine Mama. Ich bin die Tochter von Helga und überwältigt, wieviel Resonanz und positiver Nachruf nun kommen. Die Aktion mit dem Baum sowie dem Straßennamen unterstütze ich sehr und freue mich, wenn so einige Erinnerungen an meine Mutter geschaffen werden. Ich bin wirklich stolz auf sie und gleichzeitig traurig, mich so früh von ihr verabschieden zu müssen.
Herzliche Grüße aus Eutin
Julia mit Familie
Vielen Dank für diesen wertschätzenden und sehr zutreffenden Artikel als Nachruf auf Helga Schors, Marianne! Hinzufügen möchte ich, dass Helga einen wunderbaren Humor hatte. Wie oft haben wir zusammen gelacht! Nur so war so manches fragwürdige Ansinnen der Hamburger Politik und seiner Behörden im Umgang mit Georgswerder und Wilhelmsburg insgesamt zu ertragen. Danke für Alles, Helga.
Es tut mir so leid zu hören, das Helga von uns gegangen ist. Ich habe immer gern mit ihr zusammengearbeitet wenn es um Georgswerder ging. Sie war immer ganz klar in ihren Vorstellungen und vor allen Dingen war sie völlig uneigennützig. Das Wohl der Kinder lag ihr besonders am Herzen. Ohne ihren ( und den Einsatz anderer Bewohner*innen) gäbe es die Schule, den Backsteinbau, nicht mehr. Eine Straße wäre eine anmessen Würdigung, dies sollte im Regionalausschuss in zwei Jahren beschlossen werden. Bis dann, kann man ja schon eine geeignete Straße aussuchen. Mein Mitgefühl gilt ihrer Familie und ihren Freund*innen.