Für die Deicherhöhungen, die wegen des Klimawandels und der Elbvertiefungen nötig sind, wird viel Geld ausgegeben. Aber wie sieht es mit der Pflege der Deiche aus? Die Deichruhe wird nicht immer beachtet und die Deichschauen zeigen Mängel auf
Fühlen sich die Behörden nach 60 Jahren ohne Überflutungen zu sicher? Immer wieder wurde in den letzten Jahren gegen die Deichruhe in der Zeit vom 15. September bis 31. März verstoßen.
WIR berichteten im Februar 2012, dass der LSBG (Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer) für Bauarbeiten an der Ernst-August-Schleuse während der Deichruhe eine Genehmigung erteilt hätte. Damals mussten mit Sand gefüllte Big Bags das Wasser zurück halten.
Im Oktober desselben Jahres veröffentlichten WIR ein Foto vom 6. Oktober mit einer Ramme und einer Raupe auf dem Deich bei Kreetsand und einer mehr als spärlichen Grasnarbe.
Die Deichschau 2021 zeigte erhebliche Mängel auf
Aber das regt offensichtlich niemanden auf. Am 22. Februar 2022, wenige Tage nach den Gedenkveranstaltungen, berichtet Michael Schaper, Fachbereichsleiter Sturmflutsicherheit beim LSBG, im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel über die Unterhaltung der Deiche. Er erläuterte: „Zuständig für die Wilhelmsburger Deiche ist die BUKEA (Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft), die wiederum den LSBG beauftragt. Beim LSBG sind die Personal- und Geldressourcen knapp. Es gibt inzwischen eine Verstärkung des Teams durch eine Person, die sich aber noch einarbeiten muss.“ Zum Bedauern der Ausschussmitglieder werden dieses Jahr keine Schafe die Deiche beweiden. Es gibt zu viele Kräuter und deren Vernichtung schafft die Deichbeweidung nicht. Michael Schaper berichtete weiter: „Kurz vor der Blüte werden die Kräuter vollständig abgemäht, dann wird der Deich einmalig gegen Unkräuter gespritzt. Danach soll das Gras dann länger wachsen, damit es sich aussamt.“ Eine kurze, feste und geschlossene Grasnarbe ist wichtig, damit sie dem Wasserangriff ausreichend Widerstand leisten kann (Deichordnung vom 27. Mai 2003, § 7). Schaper bat die Politiker:innen eindringlich, sich dafür einzusetzen, dass für die Unterhaltung der Deiche ausreichend Geld zur Verfügung gestellt würde.
Der Förderkreis “Rettet die Elbe e. V.” beobachtet das Tidegeschehen kritisch*
Auch der Förderkreis „Rettet die Elbe e. V.“ ist der Meinung: „Eine Sturmflut-Katastrophe ist beim gegenwärtigen Ausbau der Deiche unwahrscheinlich … Aber: Steht das Wasser in der Tideelbe über mehrere Tage hoch, wird die Entwässerung binnendeichs blockiert … Im Februar 2022 zogen drei Sturmtiefs (Ylena, Zeynep, Antonia) über die Nordsee, die die Flut in die Elbmündung pressten und starke Niederschläge über Norddeutschland ausschütteten … Eine Kette von Sturmfluten, selbst wenn sie unterhalb der Deichhöhe bleibt, lastet so lange auf dem Deich, dass er an schwachen Stellen (z. B. Mauselöcher) durchweichen kann, so dass an der Binnenseite Qualmwasser austritt.“ Auch Henning Cordes, Deichvogt, erklärte am 17. Februar 2022 in einem Gespräch im Helmut-Schmidt-Gymnasium: „Leute müssen wissen, dass was passieren kann“. Wie unvernünftig Menschen sein könnten zeige, dass sie mit dem SUV die Deiche hoch führen und die Deichkrone beschädigten.
*Der Förderkreis »Rettet die Elbe« e. V. hat das Tidegeschehen der letzten Jahre in einem Bericht zusammengefasst.
Den Text mit Abbildungen sowie weitere Quellen finden Sie auf https://www.rettet-die-elbe.de/1kapitel/von_ebb_und_fluth.pdf