WIR haben wieder für euch gestöbert!
Alle Bücher, die als [Gewinn] gekennzeichnet sind, verlosen WIR unter den Geburtstagspost-Schreiber*innen und Rätseleinsender*innen (am November-Rätsel kann auch noch teilgenommen werden)! Schreibt gerne dazu, welches Buch euch besonders interessiert. WIR versuchen, den Wunsch zu berücksichtigen.
In unserer Dezember-Hauptausgabe, die am 18. Dezember erscheint, besprechen WIR noch drei interessante Hamburg-Bücher aus dem Junius-Verlag (das Päckchen mit den Rezensions-Exemplaren ist leider nicht rechtzeitig angekommen). Auch diese werden mit den Rätseln verlost!
Nicht Chicago nicht hier
Eine bedrückende Geschichte über Mobbing von der Kinder- und Jugendbuchautorin und ersten Schirmfrau der Wilhelmsburger Lesewoche Kirsten Boie
Klaus Müller. Geschildert wird die Auseinandersetzung zweier Schüler, bei der einer der Beteiligten stark bedrängt, genötigt und sogar verletzt wird. Heute spricht man in solchen Fällen von Mobbing. Parallel zur Perspektive der beiden Jungen wird die Situation des Umfelds, der Eltern und der Lehrerin, dargestellt. Auch sie sind in die Geschehnisse verwickelt, aber eben nicht vollständig in die „ganze“ Geschichte eingebunden.
Durch den Perspektivwechsel ist man als Leser*in gefordert, selbst über die geschilderte Situation zu reflektieren. Man fragt sich, wie eine Kommunikation zwischen den Eltern und Schülern, der Lehrerin und den Schülern und den Eltern und der Lehrerin gestaltet werden könnte, die ohne gegenseitige Vorbehalte funktioniert und wirklich alle nötigen und wichtigen Informationen auf den Tisch bringt.
Wenn ich einigen Veröffentlichungen in der Presse Glauben schenken darf, erzählt Kirsten Boie eine Geschichte, die heutzutage wohl wirklich so in der Realität möglich wäre. Dabei lässt sie keine Grausamkeit und keine Hinterlistigkeit aus. Als Leser im fortgeschrittenen Alter stellt sich mir da schon die Frage, was es für unsere Gesellschaft bedeutet, wenn derartige Verhaltensweisen wirklich der Realität entsprechen sollten.
Der Roman war im Jahr 2000 nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Kategorie „Kinderbuch”.
Das Buch ist für jede*n, die*der „unserer jungen Leute“ und deren Probleme verstehen möchte, eine Empfehlung!
Kirsten Boie, Nicht Chicago nicht hier, Oetinger-Verlag, Hamburg 1999, neu aufgelegt als Taschenbuch 2021, 7 Euro [Gewinn]
„Wie wäre es, wir machen mal etwas Schönes zu zweit?”
Die „Geschichten aus meinem Leben” der Satirikerin Ella Carina Werner changieren zwischen schnoddrigen Pointen und witzigen Alltagsbeobachtungen
Sigrun Clausen. Schon der Titel des Buches zeigt, wo es langgeht: „Man kann auch ohne Kinder keine Karriere machen”. Erstmal ist sie vor allem sehr witzig, diese doppelte Umkehr des bekannten Postulats „Man kann auch mit Kindern Karriere machen”. Auf den zweiten Blick ist der Spruch dann nicht nur witzig, sondern auch durchaus doppelbödig: Ironisch spielt die Autorin hier mit nur einem Satz die verschiedenen Sichtweisen auf das ewige gesellschaftliche Thema „Kind und/oder Karriere” und die Absurdität dieser wohl nie endenden Debatte an.
So macht Ella Carina Werner es dann tatsächlich auch mit den „Geschichten aus meinem Leben”. Die Themen mögen nicht besonders neu sein, aber Werners Blick darauf ist sehr genau und eigenwillig. Dadurch gewinnt sie zum Beispiel dem Mutter-Tochter-Gespräch oder dem Sinnieren über Rebellion im Alter, der Menopause und der ersten Liebe immer wieder unerwartete inhaltliche Wendungen ab. In den Geschichten der Satirikerin spricht eine Frau in den besten Jahren aus selbstbewusst-selbstironischer Perspektive über die Erlebnisse und Überlegungen einer Frau in den besten Jahren, das Ganze mit angenehm ungezwungenem feministischen Einschlag.
Sprachlich ist das knackig, kurzweilig und herrlich auf den Punkt. Kaum ein Wort zu viel, nicht überdreht, nicht gekünstelt. Dabei spielt die Satirikerin souverän mit den klassischen Stilmitteln des Humors, verwendet sie gern einen Tick anders, neu. Die Frau ist sozusagen Humor-Profi, aber ohne in irgendeine Lustig-Routine abzugleiten. Deshalb macht das Lesen großen Spaß. Das Buch ist genau das Richtige, um für einige Momente dem sentimental-stressigen Weihnachtsgedöns zu entkommen; am besten schenkt ihr euch dazu einen Whisky ein, spätestens, wenn ihr beim Kapitel „Torfmonster” angekommen seid.
Ella Carina Werner, Man kann auch ohne Kinder keine Karriere machen, Rowohlt Taschenbuch-Verlag, Hamburg 2023, 172 Seiten, 13 Euro [Gewinn]
Wenn du schon hundert wirst, kannst du genauso gut auch glücklich sein
Der koreanische Autor Rhee Kun Hoo hat ein Plädoyer für eine positive Lebenseinstellung, die aus Erfahrung erwächst, geschrieben
Klaus Müller. Schon das Vorwort des Autors veranlasste mich mehrfach zu dem Ausruf: „Siehst du, genau das wollte ich schon immer sagen!“. Beim Weiterlesen stellte ich dann fest, dass Rhee Kun Hoo alle Lebenseinstellungen vertritt, die auch ich, inzwischen 75 Jahre alt, mir über eben diese Jahre zu eigen gemacht habe.
Grundsätzlich empfiehlt der Autor eine positive Einstellung zum Leben. Was das bedeutet, macht er mit vielen Beispielen sehr anschaulich. Seine persönliche Lebensgeschichte als 87-jähriger Koreaner ist mit den Lebensgeschichten unserer Nachkriegsgeneration durchaus vergleichbar. Damit sind die Einschätzungen und Schlüsse, die er zieht, gut auf unsere hiesige Lebenssituation übertragbar.
Welches sind nun die Elemente, die nach Rhee Kun Hoo zu einem glücklichen Leben beitragen? Es sind Neugier, Ausdauer und die Fähigkeit Kompromisse einzugehen. Außerdem rät der bald neunzigjährige Psychiater zur Vergebung (auch sich selbst gegenüber). Wichtig findet er auch, Frieden mit sich und anderen zu schließen. Hoo hebt die Bedeutung von Liebe und Nachsicht hervor, die Freuden des einfachen Lebens und das Glück der kleinen Dinge. Er plädiert dafür, die Dinge so zu sehen, wie sie sind, ohne Selbstbetrug, mit unverstelltem Blick – und möglichst mit Humor.
Das Buch hat mir übrigens meine Tochter zum Lesen empfohlen. Daraus schließe ich, dass der Inhalt auch Menschen etwas sagt, die deutlich jünger sind als ich. Ich habe es jetzt auch den Enkelkindern zu lesen gegeben. Von ihnen habe ich noch keine Aussagen.
Das Buch lege ich allen Interessierten und vor allem den Zweifelnden, Sich-Sorgenden und den Bedenkenträger*innen ans Herz.
Rhee Kun Hoo, Wenn du schon hundert wirst, kannst du genauso gut auch glücklich sein, Rowohlt Taschenbuch-Verlag, Hamburg 2024, 240 Seiten, 20 Euro [Gewinn]
Über Land und zwischen den Seen
Ein Radreiseführer für die Holsteinische Schweiz
Sigrun Clausen. Die Autorinnen dieses schön gestalteten Reisebuchs, Dörte Nohrden und Kerstin Rose, haben die abwechslungsreichen (Rad-)Wege in der Holsteinischen Schweiz entdeckt, eine Region nur gut eine Stunde mit dem Zug von Hamburg entfernt. (Seit einiger Zeit fahren auf der Strecke Hamburg-Lübeck-Kiel neue Züge, in denen die Fahrradmitnahme tatsächlich viel besser möglich ist.) Nohrden und Rose sind durch Rapsfelder, Dörfer und Auen geradelt, vorbei an großen Seen und entlang der Knicks, im ständigen Auf und Ab des Ostholsteinischen Hügellandes.
Vor einigen Jahren ist der Begriff des „Genussradelns” aufgekommen, und genau das sollen die Ausflüge, die die Autorinnen vorschlagen, bieten. So gibt es in dem Buch drei Kategorien von Touren. Sie heißen „Weitblicke”, „Genuss” und „Erfrischung” und beinhalten jeweils fünf Strecken. Alle Touren sind entspannt zu schaffen, die längste ist 46 km lang, die kürzeste 23 km. Fast alle sind Rundtouren.
Stellenweise ist das Buch ein bisschen zu „rosa” geraten – genau wie der Einband – einen Tick zu „niedlich”, Vokabeln wie „beglückend”, „lauschig” oder „idyllisch” werden ein wenig überstrapaziert und eine Kleinstadt ist vielleicht noch ein Städtchen, aber sicher kein „Kleinstädtchen”. Andererseits ist die Holsteinische Schweiz tatsächlich eine dermaßen harmonische, freundliche Landschaft, mit der Ostsee gleich um die Ecke und immer wieder überraschender, geschichtsträchtiger alter Bausubstanz am Wegrand, dass man wirklich schnell ins Schwärmen kommen kann. Also: Lasst euch von Dörte Nohrden und Kerstin Rose vorschwärmen und schwingt euch aufs Rad!
Dörte Nohrden und Kerstin Rose, Holsteinische Schweiz, Radeln für die Seele, Droste-Verlag, Düsseldorf 2024, 191 Seiten, 18 Euro [Gewinn]
32. August
Sommerferien auf dem Land bei den Großeltern. Erste Liebe und alles ist anders für einen dreizehnjährigen Jugendlichen
Marianne Groß. Leo verbringt seine Sommerferien wieder bei den Großeltern. Dieses Mal ist jedoch alles anders für den jetzt Dreizehnjährigen. Er hat sich in seine Mitschülerin Lilia verliebt und träumt von ihr in dem Pavillon, den er in diesem Jahr im Garten einer alten Villa entdeckt hat.
Und noch etwas ist anders in diesem heißen Sommer mit dem ewigen blauen Himmel. War er sonst in den Ferien meist mit seiner Großmutter zusammen und hat den Großvater kaum gesehen, so begleitet er in diesem Sommer den Großvater bei seiner Arbeit. Das Verhältnis der beiden wird besonders intensiv, als die Großmutter einige Tage zu ihrer Schwester verreist. „,Ihr beide kommt ja sehr gut ohne mich klar’, sagte die Großmutter und blickte in die Runde, die Teetasse in den schmalen Fingern beider Hände. ,Deshalb habe ich beschlossen, ein paar Tage zu Agnes [ihre Schwester] zu fahren.'” Solche plastischen Schilderungen in dem Buch lassen die Lesenden teilhaben an dem Geschehen.
Irgendwann wird aus Leo ein Leolino, was die wachsende Verbundenheit von Großvater und Enkel beschreibt. Leolino bekommt tiefen Einblick in das Leben des Großvaters, nimmt dessen Beliebtheit bei den Kunden wahr, die ihn alle Jerry nach Jerry Cotton, seiner Lieblingslektüre, nennen. Er lernt die Geliebte des Großvaters, Monette, kennen. Jerry erzählt seinem Enkel auch die Geschichte seiner Liebe zur Großmutter und Leolino wird klar, wie wichtig diese für Jerry ist, auch wenn er sie immer Feldwebel nennt. Und kurz vor Ferienende macht Jerry dann noch zusammen mit Leo einen Plan für das erste Treffen mit Lilia außerhalb der Schule.
In elf Kapiteln beschreibt der Autor detailliert die Charaktere und Orte, zuerst das Haus der Großeltern, dann widmet er der Großmutter ein Kapitel, dann dem Pavillon und auch, was es mit dem Titel 32. August auf sich hat, erfahren die Leser*innen.
Mischa Kopmann, 32. August, Osburg-Verlag, 191 Seiten, 22 Euro [Gewinn]
Cold Case in Hamburg
Zwei neue Ermittler im Krimi-Universum: Die Hamburger Kommissare Juha und Lux untersuchen einen fünfzehn Jahre alten Entführungsfall, der schon lange aufgeklärt schien. Aber unerwartet gibt es neue Erkenntnisse
Hermann Kahle. Am Anfang des Krimis „Das Dickicht” steht das Verschwinden eines jungen Mädchens in Hamburg. Ein Entführer meldet sich und sein Vorgehen irritiert die Kommissare Juha Korhonen und Daniel Lucas (Lux) Adisa vom LKA: Die vom Entführer bestimmten Modalitäten der Lösegeldübergabe entsprechen exakt einem fünfzehn Jahre alten Fall. Damals starb das Entführungsopfer, ein vierzehnjähriger Junge. Ein Mann, der sich durch Suizid mutmaßlich einer Bestrafung entziehen wollte, wurde der Tat überführt. Die auffallenden Parallelen lassen bei Juha und Lux Zweifel aufkommen: Wurde damals der Falsche überführt? Läuft der wahre Täter noch frei herum und hat gerade ein neues Verbrechen begangen?
Die aktuelle Entführung erweist sich dann zwar als Teenagerstreich, aber die Kommissare rollen trotzdem den alten Fall wieder auf. Sie finden in den Akten Hinweise, die schon damals Zweifel an der Täterschaft des Überführten begründeten, denen aber nicht nachgegangen wurde. So stoßen sie auf das unscharfe Foto eines Pickups am Tatort und auf Blutspuren, die nicht zugeordnet werden konnten. Je weiter Juha und Lux dann mit der Aufklärung dieser Verfahrensfehler kommen, desto mehr eröffnet sich ihnen eine tragische Geschichte, in die drei Familien verwickelt sind. Sie haben sich in unterschiedlicher Schwere im Umfeld der (vermeintlichen) Entführung schuldig gemacht. Alle Beteiligten waren Täter und auch Opfer. Im Showdown am Schluss des Buches erfahren die beiden Kommissare und die Leser*innen: Der fünfzehn Jahre alte Fall kommt erst jetzt zu einem Ende.
„Das Dickicht” ist der Erstlingskrimi der beiden Autoren Nikolas Kuhl und Stefan Sandrock. Sie schreiben in klarer, anschaulicher Sprache und kennen sich offensichtlich aus in den Zutaten, die seit Sjöwall/Wahlöö zu einem guten Kriminalroman gehören: Sie flechten den Familienhintergrund von Juha und Lux ein, ohne dass dies zu aufdringlich wird, Rückblenden erklären die aktuelle Handlungsweise der Beteiligten und die Kommissare machen gegen jede polizeiliche Vernunft und Vorschrift Alleingänge, die für sie lebensgefährlich sind – und die Spannung erhöhen.
Nikolas Kuhl und Stefan Sandrock, Das Dickicht, Rowohlt-Verlag Hamburg, 334 Seiten, 14 Euro [Gewinn]
Buch-Empfehlungen aus der Bücherhalle Wilhelmsburg
Romane
Evaristo, Bernardine: Zuleika
ISBN 978-3-608-50238-1
Der neue Roman der Bestseller-Autorin (Mädchen, Frau etc.) über ein Mädchen nubischer Einwanderer in London, welches sich ihrem Schicksal nicht ergibt.
Marschall, Anja: Als der Sturm kam
ISBN 978-3-492-06420-0
Ein historischer Roman über die Hamburger Sturmflut im Jahre 1962 aus der Reihe „Schicksalsmomente der Geschichte“.
Strömquist, Liv: Das Orakel spricht
ISBN 978-3-96445-115-6
In ihrer neuen Graphic Novel untersucht Liv Strömquist sieben Influencer und ihre Ratschläge für ein besseres Leben.
Bektaş, Leyla: Wie meine Familie das Sprechen lernte
ISBN 978-3-312-01334-0
Eine mitreißende Familiengeschichte zwischen Istanbul, Köln, Hacɩbektaş und Heidelberg.
Sachbücher
Hart, Alice: Gemüse einfach wunderbar
ISBN 978-3-96584-296-0
Essen so bunt wie ein Regenbogen mit über 80 vegetarischen Rezepten.
Neubauer, Luisa: Der Klima-Atlas
ISBN 978-3-498-00705-8
Ob ökologischer, gesundheitlicher oder technologischer Wandel, Neubauer zeigt 80 Karten für die Welt von morgen.
Kinderbücher
Kling, Marc-Uwe: Das NEINhorn und der Geburtstag
978-3-551-52230-6
Ein neues Abenteuer mit dem NEINhorn und der KönigsDOCHter für Kinder ab 4 Jahren. Diesmal gibt es Streit und jetzt lädt die KönigsDOCHter das NEINhorn nicht zum Geburtstag ein … Ein Bilderbuch für Kinder (in den Bücherhallen derzeit (Stand 4.12.24) nur als Hörbuch vorhanden.)
Jablonski, Nina: Es ist doch nur Haut
978-3-98920-003-6
Eine Reise zur Entstehung der Hautfarbe, die nur ein Produkt der Evolution und der Anpassung an unterschiedliche Umweltbedingungen ist, aber häufig zu Diskriminierung und Rassismus führt. Ab 6 Jahren.
Seblon, Joséphine: Bauen? Kann ich!
ISBN 978-3-03876-306-2
Erste Einführung in die Architektur: Kinder ab 5 Jahren lernen wichtige Bauwerke kennen und können sie dann mittels Schritt-für-Schritt-Anleitungen kreativ nachbauen.
Spiel
Hitster: das Musik-Partyspiel – Ab 16 Jahren
Spannendes Ratespiel für bis zu 10 Personen – nicht nur für Musikexperten. Mit der kostenlosen App wird eine Musikkarte eingescannt und dann wird reihum geraten, wann der Song von wem veröffentlicht wurde und wie er heißt. Auch als Schlager-Edition erhältlich.