30 Jahre WIR: Immer wieder neu, aber manche Geschichten bleiben

WIR haben in unseren fünf vorhergehenden Jubiläumsausgaben, beginnend mit Ausgabe 11/1999, gestöbert. Das war spannend. In jeder dieser Zeitungen stießen WIR auf Geschichten, deren Themen auf die eine oder andere Weise bis heute aktuell sind

Die WIR-Redaktion im Oktober 2024. Mittlerweile sind schon wieder zwei Interessierte hinzugekommen. WIR hoffen sehr, es gefällt ihnen bei uns so gut, dass sie bei uns bleiben! Von links: Beyonce Bowusuaa – Social Media, Klaus Müller – Plattdütsch und Vereinskasse, Paula Wetke – Social Media, Briga Klimach – Support, Chris Meyer – Autor, Marianne Groß – Autorin, Jenny Domnick – Redakteurin, Autorin, Hermann Kahle – Autor, Bernd Ladwig – Support, Sigrun Clausen – Redaktionsleitung. Foto: B. Kaufmann
Das Wilhelmsburger Einkaufszentrum 2012.
Foto: Heinz Wernicke
Ein langgestrecktes Gebäude, an dem Schriftzüge von Geschäften angebracht sind
Das Luna-Center im Dezember 2024.
Foto: A. Wessendorf
Der Haupteingang des Lunacenters
Der Haupteingang des Lunacenters heute. Foto: A. Wessendorf

1999 – 5. Geburtstag

Das Einkaufszentrum am Berta-Kröger-Platz: vom WEZ zum Lunacenter – Veränderung als Programm

Artikel WIR, 11/1999, S. 9: „Die Zukunft des WEZ in Wilhelmsburg”

Jenny Domnick. „Das Wilhelmsburger Einkaufszentrum (WEZ) soll in den kommenden Monaten umgebaut und deutlich attraktiver gestaltet werden. Eine spürbare Aufwertung des zentralen Einkaufsstandortes soll damit einher gehen”, schrieben WIR damals. Jürgen Schneider, Geschäftsführer der Luna-Immobilien-Verwaltung, plante einen dreigeschossigen Neubau. Im Jahr 2000 kaufte er außerdem das damalige Karstadt-Grundstück, 2012 kamen die letzten Flächen dazu. Rund um das Karstadt-Gebäude gab es damals 31 Läden, ohne den Extra-Markt und die neun Läden in SAGA-Gebäuden. Die Ladenbetreiber warteten sehnsüchtig auf eine Veränderung. Das 1977 eröffnete Einkaufszentrum sah wohl sehr trostlos aus.

2008 konnte das WEZ nach dem Umbau wiedereröffnet werden, 2012 investierte Schneider schließlich 32 Millionen Euro für den Umbau zum heutigen „Luna-Center”, das am 27. November 2014 seine Eröffnung feierte. Heute beherbergt die 22.300 Quadratmeter große Einkaufspassage auf zwei Ebenen über 40 Läden, sieben Gastronomiebetriebe, eine Fahrschule sowie sechs Ärzte-, Psycho- und Physiotherapiepraxen. Auf dem Dachspielplatz können sich die 140 Kinder der Kita „LunaKids” austoben. Seit drei Jahren berät die „Solidarische Psycho-soziale Hilfe Hamburg e.V.” (SPSH) Erwerbslose und Menschen mit wenig Geld.

Im August 2023 schloss „Marktkauf” nach 23 Jahren seine Türen, stattdessen zog LIDL am 21.3.24 ein. Nicht allen Wilhelmsburger*innen gefällt das. Im selben Jahr wurden die Aufzüge am Haupteingang erneuert, die Parkplätze im ersten Obergeschoss saniert.

Zehn Jahre gibt es das Luna-Center also schon und wer einmal vorbeigeschaut hat weiß: Es ist immer gut besucht. Die Menschen, die dank der guten ÖPNV-Verbindung nicht nur aus Wilhelmsburg kommen, kaufen hier nicht nur ein. Sie entspannen sich in einem der Cafés oder Restaurants und viele sitzen auf der langen Steinbank vor dem Center und gucken den Kindern beim Spielen zu. Zweimal in der Woche sorgt der „Inselmarkt” auf dem Berta-Kröger-Platz außerdem für ein breites Sortiment an Bio- und regionalem Obst und Gemüse, frischem Fisch, zahlreichen Käse- und Wurstspezialitäten bis hin zu Blumen, Wohnaccessoires und Textilien.

Aber es gibt auch schlechte Neuigkeiten: Im August 2024 wurde bekannt, dass die Postbank diverse Filialien in Hamburg schließen wird, darunter auch die im Luna-Center. Schon ab dem nächsten Jahr wird es nicht mehr möglich sein, Bankangelegenheiten am Schalter der Postbank-Filiale zu erledigen, oder Pakete bei der Deutschen Post abzugeben. In der Vergangenheit hatte es schon öfters Ärger über defekte Automaten und geschlossene Schalter gegeben. Die Entscheidung, die Filiale zu schließen, können viele Bürger*innen und auch die Lokalpolitik nicht nachvollziehen. Die SPD-Fraktion im Regionalausschuss Wilhelmsburg/Veddel möchte deshalb „(…) die Hintergründe der Schließung gerade in dieser wichtigen Filiale erfragen und mit den Akteur:innen mögliche Alternativen diskutieren”, schreibt sie in einem Antrag Ende November.

2004 – 10. Geburtstag

Von der „Solar-Bauausstellung” 2004 zum Wohnen im „Mühlenviertel” 2024 – WIR fragten einen Bewohner nach seinen Erfahrungen

Artikel WIR, 11/2004, S. 3: „Grundsteinlegung für die Solar-Bauausstellung”

Marianne Groß. In unserer Jubiläumsausgabe zum 10. Geburtstag gab es einen Bericht über die Grundsteinlegung für die damals so konzipierte „Solar-Bauausstellung” hinter der Windmühle Johanna, die zum Projekt „Europäische Solar-Bauausstellung” gehörte. Ein Ziel dieses Projekts war es „ … den Bau von Niedrigstenergiehäusern auch für ,Bürger mit normalem Einkommen’ zu ermöglichen und damit den Passivhausbau … aus seinem Nischenbereich herauszuholen …”, so heißt es auf Seite fünf der „Begleitstudie zur Europäischen Solar-Bauausstellung Hamburg 2005 in Wilhelmsburg und Heimfeld”.

Jetzt, nach 20 Jahren, haben WIR einen Bewohner der Siedlung, Rüdiger Wübbels, nach seinen Erfahrungen gefragt. Hier sein Bericht:

„Meine Frau und ich sind sehr zufrieden im Mühlenviertel”

„Wenig erinnert noch daran, dass der Ursprung des heutigen Mühlenviertels die Solar-Bauausstellung 2004 war, ein Leuchtturmprojekt der Stadt Hamburg, so wie die IBA und die Gartenschau 2013.

Die Windmühle Johanna. Foto: H. Wernicke
Eine Straße im Mühlenviertel, wie sie in dem genannten Musik-Video auftaucht. Aufnahme aus dem Video.

Kerngedanke der Solar-Bauausstellung war ein Energiekonzept ohne fossile Brennstoffe. Das Mühlenviertel liegt zwischen der Straße Bei der Windmühle und der Schönenfelder Straße. Nach der Besichtigung eines Passivhauses in der Christoph-Cordes-Straße im Jahr 2008 war ich vom innovativen Konzept überzeugt: Wohnen in angenehmem Raumklima mit geringen Energiekosten. Meine Frau und ich zogen nach einer sehr anstrengenden Bauphase im Sommer 2009 in unser Reihenhaus mit Passivhausstandard ein.

Was ist das Wesentliche bei einem Passivhaus? Wegen der sehr guten Dämmung mit dreifach verglasten Fenstern verliert das Haus kaum Wärme nach außen. Wir wohnen sozusagen wie in einer Thermoskanne. Eine Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmetauschern sorgt für gute Luft und ständige Durchlüftung. Ungefähr von April bis Oktober sorgen nur die vier Solarthermie-Paneele auf unserem Dach für heißes Wasser in unserem Speicher. Wenn in den Wintermonaten die Sonne ihre Kraft verliert, aktivieren wir unseren Pelletofen. Er erhitzt das Wasser in einem Rohrsystem, welches vom Ofen bis zum Wasserspeicher reicht. Dort ist auch unsere Lüftungsanlage integriert, die einen Teil der Wärme über Wärmetauscher aufnimmt, um die Raumluft zu erwärmen. Ein Viertel der Wärme des Pelletofens strahlt als Raumwärme ab.

Pro Jahr verbrauchen wir ungefähr eine Tonne Holzpellets. Die Kosten bewegen sich zwischen rund 250 und 400 Euro pro Jahr. Hinzu kommen Wartungskosten von ungefähr 250 Euro jährlich. Beim Einzug im Sommer 2009 rutschte mir der Satz heraus: „Nun sind wir nicht mehr abhängig von Putins Gas!” Schon damals zeichnete sich ab, dass Russland das Gas auch als politische Waffe einsetzen könnte.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass die Stadt Hamburg seit 2004 wenig Elan zeigt, um in Hamburg viel mehr solcher Leuchtturmprojekte zu realisieren. Vielleicht gelingt das ja wieder in Wilhelmsburg bei der Bebauung der ehemaligen Trasse der Reichsstraße?

Meine Frau und ich sind sehr zufrieden im Mühlenviertel. Das Zusammenleben mit den Nachbarn aus vielen Ländern der Erde ist friedlich und freundlich. Die Windmühle Johanna ist ein guter Nachbarschaftstreff mit einem tollen Programm, das der Mühlenverein jedes Jahr anbietet. Selbstverständlich sind wir Mitglied im Mühlenverein und arbeiten ehrenamtlich im Rahmen unserer Möglichkeiten im Verein mit.

Alle Häuser des Mühlenviertels gehören zum Wasserverband Wilhelmsburger Osten (WWO), der dafür verantwortlich ist, in seinem Verbandsgebiet einen gleichbleibenden Pegelstand der Wettern herzustellen. Als Mitglied des Vorstands des WWO begeistere ich mich immer wieder für unser tolles System. Es sorgt dafür, dass wir mit Starkregen bisher sehr gut zurecht gekommen sind und auch lange Trockenphasen gut überstanden haben. Der WWO hat eine gute Homepage mit vielen interessanten Informationen.”

Und dann war da noch …

Im Mühlenviertel wurde 2016 ein Musik-Video gedreht, zu dem Song „Spanky” von Jacques Palminger & 440hz Trio. In der Beschreibung heißt es: „Dieses Video mit Bollywood-Formationstänzen … und Hunde-Phantasien in der heilen Welt einer Solarsiedlung in Hamburg-Wilhelmsburg ist entstanden im Rahmen von ,pop to go’ – ein Programm des Bundesverbandes für Popularmusik …”

Baustelle Reichstraße 2009
Baustelle neue Reichstraße 2009.
Foto: H. Kahle

2009 – 15. Geburtstag

Transit-Raum Wilhelmsburg: von der Reichsstraßenverlegung zur A26-Ost – die Proteste nehmen nicht ab

Artikel WIR, 11/2009, S. 4: „Groß-Demo auf der Reichsstraße am 31. Oktober”

Chris Meyer. Die Verlegung der Reichstraße war schon immer umstritten, vor allem bei den Anwohner*innen. Ab Februar 2009 hatte daher die Senatorin Anja Hajduk zur ersten Bürger*innenversammlung geladen, um ihre Pläne zum Ausbau und zur Verlegung der Wilhelmsburger Reichstraße zu erläutern. Die Senatorin für Stadtentwicklung (2008 – 2010) zeigte sich zwar auf den Treffen mit Bürger*innen und Bürger*innen-Vereinen, war aber nicht offen für eine „ergebnisoffene“ Diskussion.

In der Ausgabe 11/2009 vom WIR wurde allen Menschen gedankt, die sich für den Widerstand gegen den Neubau der Reichsstraße als Stadtautobahn engagierten. Allein 2000 Wilhelmsburger*innen hatten sich am 31. Oktober 2009 an der Groß-Demo beteiligt.

Heute wird auf der Trasse der alten Wilhelmsburger Reichsstraße Wohnungsbau geplant. Die Forderungen der Aktivist*innen nach der Verlegung der Reichs- als Stadtstraße (siehe das Weissbuch der Zukunftskonferenz 2001/2), fanden damals kein Gehör. Es gibt dennoch Positives zu berichten: Ein weiteres Stück der ehemaligen Reichsstraßen-Trasse im Inselpark wird bepflanzt. 3.000 Bäume und Sträucher werden dort seit Anfang Dezember in die Erde gebracht. So darf der Park endlich zusammenwachsen.

Auch die A26-Ost konnte bisher nicht verhindert werden, im Gegenteil.

2014 – 20. Geburtstag


„Wild” ist heute nur noch der Fahrplan: Die „Wilde 13“ als einstiges Magisterarbeitsthema, Buch und Theaterstück

Artikel WIR, 09/2014, S. 6: „Die ,Wilde 13′ als Theaterstück”

Hermann Kahle. „Die ,Wilde 13′ fährt ab September 2014 bis in die Gaußstraße in Altona”, begann ein Beitrag im Jubiläums-WIR im September 2014. Die Wilhelmsburger Buslinie 13 von Kirchdorf-Süd bis zur Veddel war in den Jahren davor zu einem Hamburger Promi geworden. Begonnen hatte es mit einer Magisterarbeit der Neuwilhelmsburger Kulturanthropologin Kerstin Schäfer im Jahr 2012, die sie dann als Buch „Die Wilde 13″ veröffentlichte. Über längere Zeit hatte sie Busfahrer*innen und Fahrgäste interviewt und in dem Buch zu Wort kommen lassen. Sie entwarf das Bild eines öffentlichen Verkehrsmittels, in dem sich der ganze Stadtteil spiegelt. „Die 13 ist ein Brennglas”, hier spiele sich auf engem Raum ab, was auch draußen passiert: Kulturen prallen aufeinander, Alteingesessene auf Zuzügler, Alt auf Jung, Arm auf Aufstrebend.

Umleitung im März 23. Grafik: H. Kahle

Das Buch wurde ein „Renner” und die Geschichte wurde verfilmt. Die Autorin Olivia Wenzel und die Dramaturgin Anne Rietschel hatten nun den Stoff neu bearbeitet und im September als Theaterstück auf die Bühne des „Thalia Theaters in der Gaußstraße” gebracht. Die Autorin erweiterte in dem Stück die Geschichte um die Frage, ob der Hype um die „Linie 13″ nicht inzwischen nur noch der Vermarktung von Wilhelmsburg diene, „einem Stadtteil der sich nie ausgesucht hat, im Mittelpunkt zu stehen.” Und der Witz des Artikels im WIR Nr. 9/2014 ist die Kritik, dass das Theaterstück selbst ja ebenfalls dieser Vermarktung diene.

Der „Wilde 13″-Hype ist nun schon Jahre vorbei. Thema im WIR ist die Buslinie aber auch heute noch, immer wieder. Zum Beispiel mit der Forderung, die Linie bis zum Hauptbahnhof zu verlängern, um die oft überfüllte und unzuverlässige S3 zu entlasten. Oder mit der Kritik an den martialisch auftretenden „Kontrollettis” am Bahnhof Veddel. Wild ist bei der „Wilden 13″ in den letzten Jahren vor allem der Fahrplan. Die zahllosen Straßenbaustellen im Reiherstiegviertel, deren Koordination sich oft jeder Logik entzieht, führen zu immer neuen Umleitungen der Buslinie. „Nach dem regulären Fahrplan verkehrt der Bus schon länger nicht mehr”, schrieben WIR im März 23. „Seit September 2024 fährt der Bus Richtung Veddel durch die Georg-Wilhelm-Straße und auch Richtung Süden biegt er an der Neuhöfer Straße ab und ,bedient’ die südliche Veringstraße nicht mehr. Wer zum Krankenhaus Groß-Sand will, muss lange Fußwege in Kauf nehmen. Aktueller Stand: Diese Umleitung gilt noch bis zum 31. März 2025, 18 Uhr.”

Exkursion im Wilden Wald. Foto: Waldretter*innen
Ein Transparent wird auf einer Demo hochgehalten. Aufschrift: "Jeder lebende Baum bremst den Klimawandel."
Kreiselbesetzung auf der Veringstraße. Foto: Hermann Kahle
Die Karte zeigt den Streckenverlauf für die geplante A26-Ost
Der geplante Streckenverlauf der A26-Ost. Karte: ein
Ein Luftbildfoto zeigt eine Protestaktion gegen den Bau der A26-Ost

2019 – 25. Geburtstag

Dauerbrenner 1: Wilder Wald – sieben Jahre Bebauungsplanung, sieben Jahre Protest

Artikel WIR, 11/2019, S. 3: „Waldretter starten Bürgerbegehren”

Sigrun Clausen. „Das Ringen um den Walderhalt am Ernst-August-Kanal geht in die nächste Runde: Die Waldretter Wilhelmsburg starten ein Bezirkliches Bürgerbegehren ,Der Wilde Wald bleibt!’.” So beginnt eine Pressemitteilung der Bürgerinitiative Waldretter*innen Wilhelmsburg in der Ausgabe zum 25. Geburtstag des WIR. Die Formulierung zeigt, dass der WiWa, wie die zehn Hektar Pionierwald im Norden des Reiherstiegviertels auch liebevoll genannt werden, bereits Ende 2019 kein neues Thema mehr war. Tatsächlich hatte sich die Bürgerinitiative schon 2017 gegründet, als offensichtlich wurde, dass sämtliche Forderungen der Bürger*innen nach dem Erhalt des Waldes in den Beteiligungsprozessen der IBA ignoriert worden waren.

Als sie im Dezember 2019 das Bezirkliche Bürgerbegehren starteten, hatten die Waldretter*innen bereits zwei Jahre lang Sand ins Getriebe der Planungen für das „Spreehafenviertel” gestreut, dennoch schienen der Bezirk und die IBA zum damaligen Zeitpunkt hartnäckig an den Plänen festhalten zu wollen. Das Bürgerbegehren verlief zunächst sehr erfolgreich, zügig waren die 2.000 Stimmen, die für einen halbjährigen Planungsstopp nötig waren, beisammen. Dann jedoch kam durch Corona das Stimmensammeln erst einmal völlig zum Erliegen. Später wurde eine Verlängerung genehmigt, die jedoch abrupt wieder einkassiert wurde. So kam das Bürgerbegehren zur Rettung des Wilden Waldes am Ende nicht zustande.

Heute ist der Wilde Wald noch immer da. Der Kampf um seinen Erhalt geht weiter. So bleibt der WiWa auch ein Thema im WIR. In diesem Jahr haben WIR zum Beispiel über die Mahnwache auf der Lichtung berichtet und, ganz aktuell, im Dezember über eine Filmvorführung mit anschließender Podiumsdiskussion zum Thema, organisiert von der Partei Die Linke.


Dauerbrenner 2: von der Hafenquerspange zur A26-Ost – neun Jahre Bebauungsplanung, neun Jahre Protest

Artikel WIR, 11/2019, S. 8 + 9: „Davon merkst du gar nicht so viel, weil es ja unter der Erde ist.“

Dirk Petscheleit. Im Dezember 2019 berichtete der WIR über den Senatsbeschlusses, die geplante A26 durch Kirchdorf-Süd zu überdeckeln. Bei der Vorstellung des Senatsbeschluss wurde natürlich auch die Frage thematisiert, ob die A26 nicht völlig überflüssig sei, es wurde auf anstehende Klagen hingewiesen und es wurde angezweifelt, ob der Bund beides (die A26 und die Köhlbrandquerung) finanzieren würde – kurzum ob der Bau der A26-Ost überhaupt realistisch erscheint.

Nun, fünf Jahre später, kristallisiert sich heraus, dass dieses Mammutprojekt tatsächlich scheitern könnte: Grund sind aber nicht etwa Einwände von Bürger*innen, Flächennutzungskonflikte oder anhängige Klagen von Umweltverbänden. Unterdessen ist es viel wahrscheinlicher geworden, dass der Bau ganz einfach am Geld scheitern könnte. Laut Beschluss der Ampelkoalition haben Sanierungen bestehender Verkehrswege Vorrang vor dem Bau neuer Strecken. Das heisst für Hamburg ganz konkret: Es stehen wichtige und teure Sanierungen an, die nicht zur Diskussion stehen: Der Neubau der nur ca. zwei Kilometer entfernten Köhlbrandbrücke sowie die Sanierung der Elbbrücken – beides Elbquerungen, bei denen die Kosten in einer Größenordnung von jeweils fünf Milliarden Euro liegen.

In Zeiten von Sanierungsstau, steigenden (Bau-)Preisen und leeren Kassen wird es also immer schwieriger werden, das Geld für teure Neubauprojekte wie die A26-Ost locker zu machen. Und da der aktuelle Bundesverkehrswegeplan (BVWP) noch mit Preisen von 2014 kalkuliert wurde, die Kosten aber bei allen Projekten massiv gestiegen sind, wird es unmöglich sein, alle Projekte aus dem Plan umzusetzen. So sieht dieser BVWP knapp 900 Millionen Euro für die A26-Ost vor, aktuell schätzt das Bundesverkehrsministerium die Kosten schon auf 2,4 Milliarden Euro.

Und auch neben dieser Kostenexplosion gibt es aktuell noch viele weitere Schwierigkeiten bei der Planung: So ist der Güterumschlag im Hafen bei weitem nicht so angestiegen, wie bei Planungsbeginn prognostiziert. Auf der Hohen Schaar wird ein sogenannter Sustainable Energy Hub geplant, in dem sich die Wasserstoffwirtschaft ansiedeln soll, die A26-Ost würde die Entwicklung dieses innovativen Industriegebiets absehbar hemmen. Und noch ein weiterer Punkt kommt auf der Hohen Schaar hinzu: Die Umweltbehörde hat aufgrund gefährlicher Schadstoffe auf dem ehemaligen Shell-Gelände Bedenken angemeldet – eine zeitaufwändige, gründliche Sanierung sei zwingend erforderlich. Diese würde den Bau der A26-Ost weiter hinauszögern. Und dann sind da noch die Klagen der Umweltinitiativen. Auch diese werden das Projekt zumindest weiter ausbremsen.

Gut möglich also, dass das Projekt A26-Ost tatsächlich im Stau stecken bleibt.

2024 – 30. Geburtstag

WIR feiern unser 30. Jubiläum – und sind nun seit dreieinhalb Jahren online. Danke für eure wunderbare Geburtstagspost!

eWIR, 11 + 12/2024

Redaktion. Wie habe ich den WIR kennengelernt? Zuerst in Papierform. Dann im Internet“, schreibt unsere Leserin Elke Kruse kurz und bündig. Damit bringt sie die wesentliche Veränderung zwischen unserem 25. und unserem 30. Geburtstag auf den Punk: Den Wechsel von der Papierzeitung zur Onlinezeitung.

Erfreulich viele Leser*innen haben diesen Wechsel mitgemacht, so wie Elke Kruse, und die Klagen darüber, dass es den WIR nicht mehr zum Anfassen gibt, sind heute kaum noch zu vernehmen. Gleichzeitig haben wir mit dem Online-WIR viele neue Leser*innen gewonnen. Das ist natürlich auch toll! So haben wir insgesamt an unserem 30. Geburtstag eine so große Leser*innenschaft wie noch nie.

Einige von ihnen sind unserem Aufruf gefolgt und haben uns Geburtstagspost geschrieben:

Liebes Team vom Wilhelmsburger InselRundblick,

wer Wilhelmsburg kennt oder kennenlernen möchte, kommt am WIR nicht vorbei: Alles, was auf der Elbinsel passiert, geplant und diskutiert wird, kommt hier zur Sprache – aktuell, engagiert und mit klarer Haltung. Häufig sind dies Themen, über die andere Hamburger Medien nicht berichten, die für die Wilhelmsburger:innen aber von großer Bedeutung sind. Und natürlich für alle, die wie MINNA+WILLI hier aktiv sind.
Noch bevor wir im Juni 2023 mit unserem mobilen Nachbarschaftskiosk im Stadtteil gestartet sind, haben wir mit Stellenanzeigen im WIR Mitarbeiter:innen gesucht. Redaktionelle Berichte trugen dann dazu bei, dass wir bei den Wilhelmsburger:innen bekannt wurden. Eure Leser:innen kommen seitdem an unseren Bus und sagen „Wir haben über Euch im WIR gelesen“ – so kommen wir ins Gespräch, einige möchten als Alltagshelfer:in bei uns mitmachen, andere wünschen sich Unterstützung im Alltag.
So geht Stadtteilzeitung, deshalb: Herzlichen Glückwunsch und auf die nächsten 30 Jahre WIR!”

Babette Peters, MINNA+WILLI – Die Wilhelmsburger Alltagshelfer:innen

Ich habe den WIR vor ca. 10 Jahren als Heft unregelmäßig gelesen, inzwischen regelmäßig online. Mich fasziniert eure Darstellung der vielen und vielfältigen Angebote auf der Insel und durch eure lokalpolitischen Artikel bin ich auf vieles erst aufmerksam geworden. Mit etwas Neid schaue ich als Harburgerin über die Elbe auf eure Präsentation und Förderung des Miteinanders.”

Dagmar Capell

Ich wohne nun seit zweieinhalb Jahren auf der Elbinsel und fühle mich schon richtig zu Hause. Einen großen Anteil daran hat der WIR. Dieser wunderbare Newsletter hat mich von Anfang an begleitet. Ich freue mich immer, wenn es auf dem Handy „Pling” macht und die neueste Ausgabe eintrifft. Ich war/bin immer up to date über das, was hier im Stadtteil wichtig, ist ; z. B. im Wilden Wald, beim Kriegerdenkmal und so weiter. Immer gibt es aktuelle News und Hintergrundinfos. Nicht zu vergessen, die vielen Tipps für Aktionen, Ausstellungen, Konzerte und vieles mehr. Und bei Willis Rätsel raucht mir immer wieder der Kopf. Also HAPPY BIRTHDAY und vielen Dank liebe Macher*innen. Weiter so! Wir brauchen euch.

Liebe Grüße von Luna aus dem Reiherstiegviertel

Ein Gedanke zu “30 Jahre WIR: Immer wieder neu, aber manche Geschichten bleiben

  1. Hallo Ihr Lieben, eigentlich wollte ich vorher schon ein paar nette Worte an euch schreiben, doch nun endlich: herzlichen Glückwunsch zum 30. Geburtstag! Ihr wisst, dass der Zirkus Willibald, unsere Stadtteilprojekte und das FBW ab 2001 wegen eurer regelmäßigen und besonders fördernden Berichterstattung sehr viel profitiert haben. Dafür nochmals meinen herzlichsten Dank! Es war mir immer eine Freude mit euch zusammenarbeiten. Euch weiterhin viel Erfolg wünscht Wilhelm

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert