Das Zugpferd und das Museum im Aufbau

Viele Besucher:innen kamen zur Saisoneröffnung und zur „Langen Nacht der Museen“: Das Hafenmuseum am Hansahafen ist ein Publikumsmagnet

Volle Parkplätze und viele Menschen rund um den Schuppen 50A am Hansahafen, lange Schlangen an der Gangway zum Viermaster „Peking“. Das historische Schiff ist inzwischen ein touristisches Zugpferd und hat es sogar ins Programm des Hamburger Hafengeburtstages geschafft, der ansonsten komplett auf dem nördlichen Elbufer stattfindet. 2022 zählte das Hafenmuseum 44.000 Besucher:innen, obwohl es, wie der sperrige offizielle Name „Deutsches Hafenmuseum (im Aufbau) – Standort Schuppen 50A“ sagt, irgendwie noch gar nicht fertig ist. Oder gerade deswegen.

Der authentische Ort

Der Steuerstand. Fotos: H. Kahle

Das Hafenmuseum ist in ein „authentischer“ Ort. An den historischen Kaianlagen mit den zum Teil betriebsbereiten Bahnwaggons und Kränen liegen neben der „Peking“ alle möglichen Arbeitsschiffe aus dem Hafen. Der alte Frachter „Bleichen“ kam gerade von der Werftüberholung zurück. Unter den Ausstellungsstücken im Schuppen sind maritime Geräte und Maschinen, an denen noch herumgewerkelt werden muss. Und die vielen ehrenamtlichen Hafensenioren – vom ehemaligen Kapitän bis zum Schiffszimmerer – lassen die Besucher:innen buchstäblich an der Hafenarbeit früherer Jahre teilhaben. Und Kaffee gibt es an der ehrenamtlich betriebenen „Kaffeeklappe“.
Bei der Saisoneröffnung ließen sich Gruppen von Besucher:innen an einem Steuerstand die Funktion des Maschinentelegrafen vorführen oder erfuhren an einem Sextanten Grundzüge der astronomischen Ortsbestimmung vor Zeiten des GPS. Man konnte sich die abenteuerliche Geschichte des Gnom-Motors anhören. Und vor der Halle wurden auf kleinen Schmieden Beschläge hergestellt und Tauenden für die Takelage der „Peking“ „gekleedert“ (WIR 3/18).

Die Arbeiten in der Winterpause

Holger Mahler, Vorsitzender des Vereins Hafenkultur, in dem die Ehrenamtlichen organisiert sind, berichtete in seiner Begrüßungsrede zum Saisonauftakt von den vielen Arbeiten an den einzelnen Ausstellungsobjekten, die in der Winterpause geleistet worden waren. So wurde der große Vancarrier mit neuen Reifen und Hydraulikschläuchen wieder betriebsbereit gemacht, die Motorenausstellung wurde erweitert und die Tafeln mit den Objektbeschriftungen wurden erneuert und vereinheitlicht. Ein besonderes Stück Arbeit war die Wiederherstellung der großen Pegelanzeige, die das Museum 2020 vom Uhrturm an den Landungsbrücken übernommen hatte. Nach komplizierter mechanischer und elektrischer Renovierung ist die historische Anzeige jetzt wieder in Funktion und zeigt internetgesteuert den aktuellen Wasserstand der Elbe an.

Wohin navigiert das Hafenmuseum?

Die Pegelanzeige.

Zur „Langen Nacht der Museen“ war der Schuppen 50A gut besucht. Im Programm stand unter anderem ein Gespräch mit dem neuen Direktor des Museums, Klaus Staubermann, zum Thema „Wohin navigiert das Deutsche Hafenmuseum?“ Klaus Staubermann wurde als „international erfahrener Museumsfachmann“ von der „Stiftung Historische Museen Hamburg“ (SHMH) zum Gründungsdirektor des Deutschen Hafenmuseums berufen und ist seit November 2022 im Amt. In kleinem Gesprächskreis berichtete er über den Stand der Planung für das „Große Deutsche Museum“ auf dem Grasbrook. Es wird mit 185 Millionen Euro vom Bund gefördert. Im vergangen Oktober seien beim Bund erste Unterlagen für die Bewilligung der Gelder eingereicht worden. Eine inhaltliche Konzeption wurde im Zuge der Diskussion über das neue Museum schon vor einigen Jahren entwickelt (WIR 5/16). So sollen dort unter anderem die Themenbereiche Geschichte der Häfen, Entwicklung der Verladeanlagen, aber auch der „Mythos Hafen“ behandelt werden. Man müsse jetzt einen Schritt zurückgehen, meinte Klaus Staubermann, und in der Feinplanung für die Ausschreibung des Architekten:innen-Wettbewerbs die baulichen Bedingungen für die Umsetzung der einzelnen Projekte prüfen. Wie müsste beispielweise ein Raum beschaffen sein, in dem eine schwere Maschine aufgestellt werden kann?

Der WIR fragte dann nach den Finanzen. Der Verein Hafenkultur hatte schon bei der Saisoneröffnung im letzten Jahr angezweifelt, dass die 185 Millionen Euro bei weiterer Verschiebung des Baubeginns und ebenso erwartbarer Preissteigerungen ausreichen würden (WIR 4/22). Klaus Staubermann bestätigte, dass die Summe gedeckelt sei. Allerdings sei bei den Architekt:innen schon Kreativität gefordert, das Konzept unter diesen Bedingungen umzusetzen. Eine weitere Frage betraf den Beginn der Renovierungs- und Ertüchtigungsarbeiten am Schuppen 50A. Dafür stehen seit 2019 zehn Millionen Euro bereit. Und die Arbeiten hätten, so Kultursenator Brosda damals, „unverzüglich“ begonnen werden können (WIR 6/19). Dann stellte sich aber die Nachbarschaft eines Gefahrgutbetriebs als großes Hindernis für die Zukunft des Schuppens 50A als Museum heraus und die Arbeiten konnten bis heute nicht starten. Eine Lösung des Problems sei jetzt aber greifbar nahe, sagte Klaus Staubermann. Er sei hier, wie auch in der Frage der Finanzen, optimistisch.

So weit die Zukunft. Ganz kurzfristig sucht der Verein Hafenkultur für die neue Saison dringend Freiwillige für die Kaffeeklappe.

Deutsches Hafenmuseum
Australiastraße, Kopfbau Schuppen 50A
20457 Hamburg

Öffnungszeiten :
Montag 10 – 17 Uhr
Dienstag geschlossen
Mittwoch bis Freitag 10 – 17 Uhr
Sonnabend bis Sonntag 10 – 18 Uhr

Eintrittspreise
Einzelbesucher:in 6.50 Euro
Gruppenkarte ab 10 Personen 4 Euro pro Person
Ermäßigt 4 Euro
Führungen auf der Peking

www.shmh.de/deutsches-hafenmuseum
www.hafenkultur.eu

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Hermann Kahle

Hermann Kahle schreibt über Kultur, Schule und für den Kaffeepott

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