Schüler des Abgangsjahrgangs 1950 trafen sich zur Schulbesichtigung
Über Lehrer Brumm wird bei jedem Treffen geredet. Auch noch 73 Jahre nach der Entlassung 1950 aus der Schule Rahmwerder Straße. Wer falsche Noten spielte, bekam den Geigenstock zu spüren. Walter Bartels erzählte, dass alle acht Jahrgänge in einem Klassenraum von einem Lehrer unterrichtet wurden. Die einzelnen Jahrgänge saßen hintereinander in den Bankreihen. Das Toilettenhäuschen war im Anbau.
Aber bei dem Treffen ging es in diesem Jahr nicht nur um die Erinnerungen. Lothar Langbehn, der die Treffen immer organisiert, hatte diesmal für seine ehemaligen Schulkameraden eine Führung durch die Schule Rahmwerder Straße organisiert. Dazu eingeladen war auch Angelika Pasch, die vierzig Jahre lang Lehrerin an der Schule war. Allerdings von 1972 bis 2012, also mehr als zwanzig Jahre nach der Schulentlassung der Herren. Aber auch sie war natürlich interessiert an der Entwicklung und den Plänen ihrer alten Wirkungsstätte.
Im Neubau startete der Rundgang
Christian Meyer, Abteilungsleiter an der Schule, nahm die Besucher:innen in Empfang und führte sie ins Lehrerzimmer. Dort warteten schon die beiden Schüler Berkan und Seyfot, die gespannt den Erzählungen der Senioren und der ehemaligen Lehrerin lauschten. Sie konnten sich nicht vorstellen wie es war, als es nach dem Krieg nichts zum Heizen gab. Die Schüler:innen mussten damals Briketts mit in die Schule bringen. Aber manchmal half auch das Armschlagen zum warm werden nicht mehr und die Kinder durften nach Haus.
Peter Backhausen hatte einen alten Stundenplan dabei. Auch damals ging der Unterricht bis in den Nachmittag, was Christian Meyer erstaunt feststellte. Günther Rupnow hatte die „Rahmwerder-Anzeigen“ der Klasse 9 dabei. Darin hieß es von ihm: „Günther, dieser Mauermann, klettert das Gerüst hinan. Jedoch er im Stillen denkt, wenn ich doch noch schlafen könnt. Denn bei solchem Morgengang, ist der Günther immer krank. Als er oben angekommen, wird er gleich vom Wind genommen und jetzt stürzt er schon hinab: Günther deckt ein frühes Grab.“ – Das ist zum Glück nicht eingetroffen.
Schule Rahmwerder Straße aktuell und Planungen für die Zukunft
Die Schule ist mittlerweile an die Elbinselschule angegliedert. Sie ist inzwischen dreizügig und hat 15 Klassen in dem sogenannten Neubau (1954 gebaut) und in Containern auf dem Gelände. Derzeit lernen etwas über 180 Schüler:innen von der Vorschule bis Jahrgang 4 an der Rahmwerder Straße. Für jeweils vier Klassen gibt es einen Lernzeitraum. Einzigartig sind zwei Kleingartenparzellen unterhalb des Energieberges, die von den Schüler:innen bewirtschaftet werden. Aber die Schule platzt aus allen Nähten, auch im Hinblick auf die geplanten neuen Wohnquartiere. Deshalb wird die Aula abgerissen. Dort kommt ein moderner großer Schulbau hin, mit eigener Küche, in der dann selbst gekocht wird. Auch der „Schulneubau“ aus den Jahren 1953/4 kommt weg. An dieser Stelle ist der neue Schulhof geplant.
In der Schule gibt es zwei Unterrichtsangebote: entweder das Pofil Kunst und Musik oder Englisch Immersiv. Je nach den Anmeldezahlen zwei Klassen Kunst und Musik und eine Klasse Englisch Immersiv oder umgekehrt. „Bisher hat das immer geklappt“, erzählt Christian Meyer. Viele Lehrer:innen kommen aus dem Ausland, z. B. Neuseeland, und unterrichten Englisch als Muttersprachler:innen.
Dann ging es in den denkmalgeschützten Altbau
Der Musikraum befindet sich in dem denkmalgeschützten alten Schulgebäude von 1903, in dem die Herren zur Schule gegangen sind. Dort sind auch seit 2012 eine Gedenktafel und Fotos in Erinnerung an die Georgswerder Opfer der Flutkatastrophe 1962 zu sehen (s. WIR 03/2012). Die ehemaligen Schüler erkannten sich auf vielen der kleinen Ausstellungsfotos. Dann ging es hinauf in den ersten Stock, in dem Künstler:innen ihre Ateliers haben. Nachdem der Abriss der alten Schule mit viel Engagement der Bewohner:innen verhindert werden konnte, wurde im September 2009 das Konzept „Kleines Bildungshaus Georgswerder“ entwickelt. Die Künstlerin Gloria van Krimpen, die auch an der Schule tätig ist, führte die Besucher:innen durch die Ateliers. Christian Meyer besorgte dann auch noch den Schlüssel für die oberste Etage, weil Lothar Langbehn gern seinen Klassenraum, genannt „Sperlingshöh“, sehen wollte.
Dann wurde es aber Zeit für den Kupferkrug, wo für 14 Uhr Plätze reserviert waren. Die Herren freuten sich über die Broschüre „100 Jahre Rahmwerder Schule“, die Angelika Pasch herausgesucht hatte und die vom WIR vervielfältigt wurde, sowie die Festschrift „350 Jahre Wilhelmsburg“, die der WIR Ende vorigen Jahres herausgegeben hatte.
Und ein Bonbon gibt es noch für die Rater:innen von Willis Rätsel. Lothar Langbehn, der Stukkateurmeister, hat als Preis ein Relief mit dem Großen Hamburger Wappen (⌀ 45 cm) gestiftet.